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Kultur: Sandwich für Kulinariker

KLASSIK

Zur eisigen Winterszeit, zumal im Advent wünscht sich der Mensch etwas Heißes. Das Deutsche Symphonie-Orchester aber präsentiert am Sonntag in der Philharmonie mit dem Dirigenten Paul McCreesh ein Club-Sandwich: Zwischen den beiden symphonischen Scheiben – die eine (die Es-Dur-Sinfonie des jungen Joseph Haydn) eher wabbeliges Toastbrot, die andere (ein Werk des reifen Mozart) beinahe Vollwertkost – gab es dafür Erlesenes.

So schön wie der Stern von Andreas Scholl dürften zur Zeit nur wenige am oft eher grellen Himmel der Countertenöre scheinen. Abseits der unzähligen Sympathiepunkte, mit denen ihn auch das Publikum der Philharmonie überschüttet, vereint er eine satte Stimme und delikate Technik mit musikalischem Wissen und Gespür. Mit traumwandlerischer Sicherheit balanciert er über die intonatorischen Abgründe von Johann Sebastian Bachs Alt-Solokantate „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“. Selbst das unvermeidliche Largo aus der Oper „Xerxes“ (Ombra mai fu) ist, obgleich fettes Schmankerl, aus der Kehle von Andreas Scholl einfach köstlich.

Aber auch der Vollwertgang am Ende des Abends ist nicht zu verachten. Obwohl die Musiker des DSO ihm nicht bis zur Selbstverachtung Deutscher Symphonischer Ehre in die Abgründe historisierender Musizierweise zu folgen bereit waren, kitzelte der Alte-Musik-Spezialist Paul McCreesh mit ganzem Körpereinsatz aus seinen Instrumentalisten eine Ahnung von dem heraus, was unter der vermeindlich glatten C-dur-Oberfläche von Wolfgang Amadeus Mozarts grandioser „Jupiter-Sinfonie“ so alles an schwelenden Konflikten und berstenden Gegensätzen schlummert.

Helge Rehders

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