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Kultur: Schreiben statt lieben

Die fünf Jahre dauernde Beziehung zwischen Franz Kafka und Felice Bauer ist durch über 500 Briefe dokumentiert wie kaum eine zweite heikle Liebe. Doch geblieben sind nur die Briefe des Dichters selbst: Literatur unter Hochspannung und Einblick in die Seelenqualen eines Mannes, für den das Zusammensein mit einer leibhaftigen Frau nur Störung war im einsamen Schaffensprozess.

Die fünf Jahre dauernde Beziehung zwischen Franz Kafka und Felice Bauer ist durch über 500 Briefe dokumentiert wie kaum eine zweite heikle Liebe. Doch geblieben sind nur die Briefe des Dichters selbst: Literatur unter Hochspannung und Einblick in die Seelenqualen eines Mannes, für den das Zusammensein mit einer leibhaftigen Frau nur Störung war im einsamen Schaffensprozess.

Franz und Felice, das waren zwei Verlobungen und zwei Trennungen, die letzte endgültig. Das waren ein paar kurze Begegnungen in Berlin und anderswo und vage gemeinsame Zukunftspläne, von Kafka schnell widerrufen. Fortlaufende Fluchtbewegungen. Das Fluchtmittel: Selbsterniedrigung. Der Künstler als winselnder Hund.

Wie kann aus solchen Texten Film werden? Der in Österreich geborene und in Berlin lebende Filmemacher Christian Frosch („Die totale Therapie) versucht es in „K.aF.ka. fragment“ mit der Autonomie von Wort und Bild. Gegen den mit satter Stimme aus dem Off gesprochenen O-Ton von 14 Seiten Kafka setzt er einen auf Super-8-Format gedrehten Mix grobkörniger Farb- und Schwarzweiß-Sequenzen, wobei fast illustrative Passagen mit surrealistischen Bild-Metaphern kontrastieren. Ursula Ofner gibt dabei eine Felice, die – apart und pagenköpfig – heutigen Zwanziger-Jahre-Bildern mehr entgegenkommt als dem ungelenken Mädchen, das Kafka in seinem Tagebuch beschreibt. Und Lars Rudolph macht aus K. allein den kauzigen Sonderling, eine Besetzung, die so überdeutlich wirkt, dass man sie eine Fehlbesetzung nennen muss. Dazwischen ein Maskenball mit Vogelkostümen, Berlin-Impressionen, viel Zeitlupe und andere Schikanen, und zum Ende schlägt die Vaginalsymbolik heftige Kapriolen.

Der Künstler, das Weib, und die Projektionen: Stoff zum Denken geben könnte einem dieser Film schon. Die Frage ist nur, ob man mit einer gedruckten Ausgabe der „Briefe an Felice“ nicht besser beraten wäre. Und wo Misstrauen erst einmal gesät ist, wird der Unwille schnell groß. Der prätentiöse Titel mit doppeltem Großschreibungs-Rittberger und Interpunktions-Overkill scheint da nur Symptom: Auch nach mehrfachem Hin- und Herwenden ist keinerlei Sinn erkennbar (Foto: Neue Visionen Filmverleih). Silvia Hallensleben

In Berlin: Eiszeit, Hackesche Höfe .

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