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SCHREIB Waren: Berlins Täler, Perus Höhen

Berlin wäre so gerne Großstadt, jage dabei aber seinem eigenem Phantom hinterher, so Hanns Zischlers Diagnose. In seinem Buch „Berlin ist zu groß für Berlin“, das er am heutigen Dienstag im Märkischen Museum vorstellt, will er die „Symptome des Ausdehnungshungers und der Abrisslust aufspüren“.

Berlin wäre so gerne Großstadt, jage dabei aber seinem eigenem Phantom hinterher, so Hanns Zischlers Diagnose. In seinem Buch „Berlin ist zu groß für Berlin“, das er am heutigen Dienstag im Märkischen Museum vorstellt, will er die „Symptome des Ausdehnungshungers und der Abrisslust aufspüren“. Die vergurkte Stadtplanerei begann Zischler zufolge schon früh. Stichwort: Urstromtal. Der märkische Sand verführte schon immer dazu, in die Breite zu bauen. Der viele Raum musste quasi mit Stadt zugestellt werden. Vermutlich agierte sich hier eine Art urbaner Horror vacui aus (19 Uhr, Am Köllnischen Park 5).

Als sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Möglichkeit einer stadtraumpolitischen Verdichtung abzeichnet, tritt ausgerechnet die „Bürogemeinschaft Speer / Hitler“ auf den Plan – mit den bekannten Resultaten einer zerstörten und schließlich geteilten Stadt. Doch wie wurde aus der „roten“ Stadt Berlin so schnell eine „braune“? Immerhin hatten bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 noch über 50 Prozent der Berliner eine Partei auf der linken Seite des Spektrums gewählt. Am Montag stellen die Historiker Michael Wildt und Christoph Kreutzmüller in der Buchhandlung Zauberberg den von ihnen herausgegebenen Band „Berlin 1933–1945. Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus“ vor. Als erste umfassende Stadtgeschichte Berlins in der NS-Zeit versucht sie diesen Gesinnungswechsel zu erklären (20 Uhr, Bundesallee 133).

Die letzten Jahre der Weimarer Republik beschrieb auch Christopher Isherwood in seinem Buch „Leb wohl, Berlin“. Es wurde später mit Liza Minnelli verfilmt. Das Bild der Stadt, das „Cabaret“ zeigt – den Tanz auf dem Vulkan – ist zur Ikone der Berlin-Bilder geworden. Andernorts sah sich Isherwood dann wie Hanns Zischler mit einer Unangemessenheit von Landschaft und Baukunst konfrontiert: „Dieser Ort ist zu gewaltig für jede Architektur. Selbst der Parthenon würde hier keinen Eindruck machen.“ Gemeint ist Perus Bergwelt, in deren Zentrum sich die Ruinen der Inka-Hauptstadt Machu Picchu befinden. Isherwood hatte sich 1947 gemeinsam mit dem Fotografen William Caskey in New York eingeschifft, um Südamerika zu bereisen. Ein halbes Jahr lang sammelten sie Eindrücke, in den Bergen wie Bars. Sie entdeckten einen Kontinent voller Gegensätze: modern, archaisch, voller Lebenslust und Gewalt. Das Reisetagebuch erschien 1949. Am Donnerstag liest Stefan Kurt in der Autorenbuchhandlung aus der nun vorliegenden Übersetzung „Kondor und Kühe“ (20 Uhr, Else-Ury-Bogen 599–601).

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