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+SCHREIB Waren: Hippiekinder in der Hölle

Cool. Mehr Worte braucht es heutzutage nicht, um Einverständnis oder Bewunderung zu signalisieren.

Cool. Mehr Worte braucht es heutzutage nicht, um Einverständnis oder Bewunderung zu signalisieren. Doch das Wörtchen ist vielschichtiger als sein daueraffirmativer Gebrauch nahelegt. Die afroamerikanischen Wurzeln der Coolness liegen in den Widerstandsstrategien der Sklaven, die Verhaltensmuster der Yoruba und Ibo einsetzten. So weit zurück geht Don Winslow zwar nicht in seinem hochgelobten Thriller „Kings of Cool“, aber auch er betreibt Geschichtsschreibung. Hier liefert er die Vorgeschichte zu seinem von Oliver Stone verfilmten Roman „Zeit des Zorns“ der unter dem Originaltitel „Savages“ gerade im Kino läuft. Während „Savages“ vom blutigen Kampf der kalifornischen Drogendealer Ben, Chon und Ophelia mit dem mexikanischen Drogenkartell erzählt, erweitert er nun diese Drogen- zur Familiengeschichte: Die Dopekönige sind die verwahrlosten Kinder von Hippies, die in den Sechzigern den Drogenhandel starteten. „Ich wollte amerikanische Zeitgeschichte beschreiben, erzählen, was das für Konsequenzen für viele betroffene Hippiefamilien hatte, wie die kommunistischen Ideale in der Eigentumswohnung landeten“, erklärte der Autor, der sein Gesellschaftspanorama am Donnerstag im Festsaal Kreuzberg präsentiert (19.30 Uhr, Skalitzer Str. 130).

Als Ergänzungslektüre eignet sich die hymnisch gefeierte Essaysammlung „Pulphead. Vom Ende Amerikas“ von John Jeremiah Sullivan. Der Journalist wird mit David Foster Wallace und den legendären Größen des New Journalism, Hunter S. Thompson und Tom Wolfe verglichen. Seine Reportagen, etwa über die Tea-Party-Bewegung, christliche Rockkonzerte, Disneyland und die Südstaaten, zeichnen das soziokulturelle Panorama eines Landes, das in manchem seltsam erscheinen mag, aber sicherlich nicht – wie der deutsche Untertitel suggeriert – dem Untergang geweiht ist. Sullivan stellt sein Buch am Sonntag in der Schaubühne vor (19.30 Uhr, Kurfürstendamm 153).

Charmant. Unser Lieblingswort ist zwar ein bisschen aus der Mode gekommen, doch genau diese Eigenschaft zeichnet den französischen Dorfpolizisten Bruno aus, dem der schottische Autor Martin Walker mit „Delikatessen“ nun seinen vierten Fall beschert. Im Périgord finden Archäologen 30 000 Jahre alte Knochen – einer trägt eine Armbanduhr. Die baskische Untergrundorganisation ETA plant einen Anschlag, und als wäre all das nicht genug, machen radikale Tierschützer gegen die lokale Geflügelmast mobil. Der Chef de la police löst das Ganze unter Zuhilfenahme des einen oder anderen Gläschens guten Rotweines, und ein solches wird auch zur Lesung am Sonnabend in der Backfabrik kredenzt (20 Uhr, Saarbrücker Str. 36a). Cool.

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