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Kultur: Schröder in den USA: Eine Frage des Angebots. Was der Bundeskanzler und der US-Präsident beredet haben

Als Gerhard Schröder zuletzt in Washington war, am 29. März dieses Jahres, sollte es um den US-Raketenschirm NMD und um den Nahost-Konflikt gehen.

Als Gerhard Schröder zuletzt in Washington war, am 29. März dieses Jahres, sollte es um den US-Raketenschirm NMD und um den Nahost-Konflikt gehen. Stattdessen stritten der Kanzler und Präsident Bush über Amerikas Absage an die Kyoto-Vereinbarung zum Klimaschutz. Im Nachgang wurde das Treffen von der Indiskretion des Gipfel-Protokolls überschattet, in dem die ganze Welt nachlesen konnte, dass US-Außenminister Colin Powell PLO-Chef Arafat für jeder Realität enthoben ("the guy is lost") und Schröder den jordanischen König für intelligent, aber machtlos hielt.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Hintergrund: US-Streitkräfte und Verbündete Schwerpunkt: US-Gegenschlag, Nato und Bündnisfall Schwerpunkt: Osama Bin Laden Schwerpunkt: Afghanistan Chronologie: Terroranschläge in den USA und die Folgen Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Umfrage: Befürchten Sie eine Eskalation der Gewalt? Nun war Schröder erneut in der US-Hauptstadt. Drohte wieder eine Überraschung? Es gehe ihm darum, "das, was ich immer uneingeschränkte Solidarität genannt habe, nun zu bestätigen und auch in den USA deutlich zu machen", hatte Schröder vor der Abreise am Dienstagmorgen in Berlin gesagt. Konkret bedeute dies, "dass der militärische Teil der Auseinandersetzung ein Teil der umfassenden Auseinandersetzung" sei. Doch dann wurde Schröder doch noch deutlich. All dies bedeute nicht, dass nicht auch über etwas anderes gesprochen werde: Darüber, ob Deutschland "über den integrierten Einsatz hinaus, also die Awacs-Flugzeuge und möglicherweise die Mittelmeer-Schiffe, weitere Möglichkeiten, über die wir verfügen, zur Verfügung stellen" werde.

"Erstaunliche Nischenfähigkeit"

Was diese Möglichkeiten sind, ist nicht ganz klar. Holger Mey, der Chef des "Institut für strategische Analysen" in Bonn, sieht zwar fast alle Bundeswehr-Kräfte auf dem Balkan gebunden, stellt aber "erstaunliche Nischenfähigkeiten" fest. Das Minenräumen, wegen des Krieges der Sowjets in Afghanistan noch immer ein drängendes Problem, gehöre dazu. Als möglicher deutscher Beitrag außerdem erwähnt werden Aufklärungs- und Anti-Radar-Tornados, das Kommando Spezialkräfte (KSK) und ABC-Bekämpfer mit dem Spürpanzer Fuchs.

Nach seinem Treffen mit Bush wollte Schröder nach New York weiterfliegen, um UN-Generalsekretär Kofi Annan zu treffen. Bei der Lösung der humanitären Probleme in Afghanistan sei Deutschland "bereit, sich verstärkt zu engagieren und wirklich großzügig einen Beitrag zu leisten", hatte der Kanzler zuvor gesagt. Sowohl mit Bush als auch mit Annan wollte Schröder über zwei weitere Fronten im Kampf gegen den Terror sprechen: Wie man die Finanzströme austrocknen kann, die nicht zuletzt die Anschläge von New York möglich gemacht haben, und was man diplomatisch tun muss, um den Zusammenhalt der Anti-Terror-Allianz "zu halten und zu stärken".

Truppen oder Geld?

Dabei denkt Schröder vor allem an Staaten, "die in der Innenpolitik besondere Schwierigkeiten haben, an dieser Koalition verstärkt teilzunehmen". Länder wie Pakistan, Saudi-Arabien oder Ägypten meint er damit. Ein weiteres Thema für das Treffen mit Bush war die Verstärkung der Geheimdienstarbeit und die Verbesserung der gemeinsamen Erkenntnisgewinnung.

Für die Kurzfristigkeit der 24-Stunden-Reise gibt es Erklärungen, die allesamt spekulativ sind. Haben die USA dem deutschen Alliierten bedeutet, dass Amerika ein finanzieller Beitrag zum Krieg lieber wäre als eine Truppenbeteiligung, und will Schröder auf Chefebene dagegen argumentieren? Oder hat Amerika auf der Grundlage des Bündnisfalls doch Truppen angefordert, und der Kanzler will nun die Details klären? Klar ist, dass Schröder der letzte Regierungschef unter den Hauptverbündeten ist, der nach dem 11. September Bush besucht. Und nicht verwunderlich dürfte sein, dass die Opposition voller Häme niedrige Motive vermutet. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos meinte: "Wir haben immer gesagt, dass der Kanzler in die USA fliegen muss." Vielleicht habe er ja Joschka Fischer vorschicken wollen, um dem Koalitionspartner einen Erfolg zu gönnen, was dann aber ein schlechtes Licht auf die Prioritäten werfen würde, die man in dieser Regierung setze. Und Glos hatte noch eine Spitze übrig: Dass Schröder keinen früheren Termin bei Bush bekommen habe, das wolle er ja mal nicht annehmen.

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