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Kultur: Schwarzer Monat

ALL THAT JAZZ Christian Broecking über Alltag in Harlem und Berlin Zu Duke Ellingtons Zeit hieß black noch negro, und es galt, wie der Schriftsteller Ralph Ellison einmal bemerkte: Dass jeder weiße Amerikaner mindestens zur Hälfte auch negro sei. Schon davor, in den Zwanzigerjahren, gab es in den USA regelmäßig im Februar eine „Negro History Week“, seit 1976 ist dieser Monat als „Black History Month“ bekannt.

ALL THAT JAZZ

Christian Broecking über

Alltag in Harlem und Berlin

Zu Duke Ellingtons Zeit hieß black noch negro, und es galt, wie der Schriftsteller Ralph Ellison einmal bemerkte: Dass jeder weiße Amerikaner mindestens zur Hälfte auch negro sei. Schon davor, in den Zwanzigerjahren, gab es in den USA regelmäßig im Februar eine „Negro History Week“, seit 1976 ist dieser Monat als „Black History Month“ bekannt. Bevor Harlem Anfang der Zwanziger sich zum kulturellen Epi-Zentrum der schwarzen Kultur entwickelte, galt lange Zeit Washington als die intakteste Negro-Community der Neuen Welt. Aber auch Ellington zog von Washington nach New York. Er spielte zunächst vornehmlich in Kneipen, in der Weiße wie Schwarze bedient wurden, diesen black and tans genannten Orten widmete er seine Komposition „Black and Tan Fantasy“. Zwischen 1927 und 1931 war das Duke Ellington Orchestra fast durchgängig im Harlemer Cotton Club engagiert. Hier war nur weißes Publikum zugelassen, ausgenommen ein paar schwarze Celebrities, für die einige Stühle im hinteren Bereich reserviert waren. Die Besitzer waren weiß, das Personal, die Tänzer und Musiker schwarz. So wurde im Cotton Club ein kruder Afrika-Kult zelebriert, und etwas, das sich African Craze nannte, war hip in jenen Blütetagen der Harlem Renaissance.

Unter diesen Bedingungen entwickelte Ellington seinen Jungle-Stil. Passend zu wirren Revuenummern, in denen ein gut gebauter hellhäutiger Neger mit Pilotenhelm und Shorts durch einen Pappmaché-Dschungel prescht und auf eine goldlockige weiße Schönheit trifft, die von einer Horde Schwarzer angebetet wird. Er rettet die Blonde und im Hintergrund „knurren, schnaufen und schnauben“ die Ellington-Bläser in „obszöner Weise“ auf ihren Instrumenten, wie der Jazzhistoriker Marshall Stearns es beschrieb.

Eine im Gegensatz zum primiten Afrika-Kitsch auch für Ellington bedeutende Strömung der Harlem Renaissance setzte indessen auf die schwarze Unabhängigkeit und Gleichberechtigung, auf die Entwicklung eines eigenen Kanons ewig gültiger, notierter Kunstwerke, wie man ihn heute am New Yorker Lincoln Center pflegt. Am 12. April 1999 verlieh das Pulitzer-Komitee, dem auch der afroamerikanische Harvard- Professor Henry Louis Gates angehört, den Preis an Ellington. Posthum. Noch 1965 war dem Duke der Pulitzer-Preis versagt worden. Gates ist auch federführender Mitherausgeber der „Encarta Africana“ gewesen, die Microsoft pünktlich zum „Black History Month“ vor fünf Jahren auf den Markt brachte. Darin wird Duke Ellington als einer der größten US-Komponisten gefeiert.

Soeben wurde bekannt, dass die amerikanische Bürgerrechtsbewegung „National Association For The Advancement Of Colored People“ für ihre „Image Awards“ in diesem Jahr auch einige Jazzmusiker nominiert hat. Unter anderem Roy Hargrove mit seinem Album „The RH Factor – Hard Groove“ (Verve).

In Berlin beginnt der „Black History Month“ heute mit einem Auftritt von Isaac Hayes und den Funk Brothers im Tempodrom (20 Uhr). Ab morgen folgen dann im Club Contraction verschiedene Sonderveranstaltungen zum Thema (Bachstraße, S-Bahn Bogen 475, Tiergarten): Montags wird in Lesungen und Slam-Sessions aktuelle afroamerikanische Lyrik und Musik vorgestellt (21 Uhr 30), mittwochs gibt es den Klassiker von Anthony Bagette über Szenen hinter der Szene. In seinem Theaterstück „In the dishroom“ geht es um typische Alltagserfahrungen afroamerikanischer Musiker in Berlin (20 Uhr) .

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