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SEHEN: O Regenwurm, du Rampensau!

Unter den Flirtpartnern, die sich das Theater immer unermüdlicher in benachbarten Disziplinen sucht, ist die Wissenschaft nicht der schlechteste: Chaosforschung, Mengenlehre oder Relativitätstheorie können im dramatischen Zusammenhang höchst aufschlussreich sein. Ein potenziell unerschöpfliches Projekt „in enger Kooperation mit den Wissenschaften“ hat die Autorin, Regisseurin und Darstellerin Barbara Geiger geschaffen: Sie stößt sich von Alfred Edmund Brehms Hit „Brehms Tierleben“ aus dem 19.

Unter den Flirtpartnern, die sich das Theater immer unermüdlicher in benachbarten Disziplinen sucht, ist die Wissenschaft nicht der schlechteste: Chaosforschung, Mengenlehre oder Relativitätstheorie können im dramatischen Zusammenhang höchst aufschlussreich sein. Ein potenziell unerschöpfliches Projekt „in enger Kooperation mit den Wissenschaften“ hat die Autorin, Regisseurin und Darstellerin Barbara Geiger geschaffen: Sie stößt sich von Alfred Edmund Brehms Hit „Brehms Tierleben“ aus dem 19. Jahrhundert ab und präsentiert jedes Wochenende (sowie donnerstags nach Voranmeldung unter www.brehms-tierleben.com) im Naturpark Schöneberger Südgelände einschlägige Wald- und Wiesenbewohner in theatralen Sechzigminütern. Für die originelle Reihe hat sie intensiv recherchiert: Tierbesuche in freier Wildbahn gehörten ebenso zu ihren Vorbereitungen wie exzessive Grabungsarbeiten in naturhistorischen Archiven und Bibliotheken. Bühnenpraktisch verspricht Fräulein Brehms Tierleben hoch und heilig, die „praktische Feldforschung und tiefen Einblicke in tierische Zusammenhänge“ mit Witz und gebotener Genre-Dramatik zu verknüpfen.

Die Zeichen stehen gut, zumal Fräulein Brehm diese Woche mit einer illustren Artenvielfalt aufwartet: Neben „Canis lupus – Der Wolf“ (18. Juli, 11 Uhr) und „Ursus arctos – Der Bär“ (20. Juli, 14 Uhr und 21. Juli, 16 Uhr) lockt auch „Lumbricus terrestris – Der Regenwurm“ ins Theater. Gegen diesen auf den ersten Blick eher unspektakulären „Muskelprotz“, erfahren Zuschauer ab acht mitsamt Eltern und Großeltern, sei Arnold Schwarzenegger „ein bloßer Hänfling“. Und zudem stellt das Fräulein nicht allein diesen „Hauptmieter von Mutter Erde“ persönlich vor, sondern integriert auch sämtliche seiner „Zimmergenossen“ ins dramatische Wissenschaftsspektakel: Millionen und Abermillionen von Mikroorganismen. Die Veranstaltungsankündigung für die Regenwurm-Exegese jedenfalls könnte verheißungsvoller kaum klingen: „Hier wird getanzt, geliebt und nie geschlafen.“

Was indes „Canis lupus“ betrifft, den Wolf, so gilt es vor allem, den Legendenschatz um den bösen Gevatter Isegrim säuberlich vom Faktenwissen zu trennen: „Fräulein Brehm poliert das Image vom grauen Beutegreifer auf Hochglanz und erzählt über das Leben unseres Nachbarn, der sich in der Brandenburgischen Lausitz (und nicht nur dort) ein neues Zuhause gesucht hat.“ Auch über den Braunbären wäre da noch manches Geheimnis zu lüften: Wer hat schon den totalen Durchblick über sämtliche Details des bärigen Winterschlafes? Und wer weiß, warum der Braunbär als solcher am 1. Januar Geburtstag hat? Fräulein Brehm wird es offenbaren – so theatertauglich wie wissenschaftsfest.

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