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An die Wand genagelt. Senga Nengudis „R.S.V.P. Reverie Scribe“ (2014).

©  G. Darrell

Senga Nengudi bei Sprüth Magers: Zeigt her eure Beine

Sinnbild für Verwandlungsmöglichkeiten des weiblichen Körpers: Die US-Künstlerin Senga Nengudi arbeitet bei Sprüth Magers mit Nylon-Strumpfhosen.

Nylon ist so vielseitig, dass die US-Künstlerin Senga Nengudi seit 1974 mit Strumpfhosen aus dem Material arbeitet. Damals wurde sie das erste Mal schwanger, ihr Körper dehnte sich – und sie entdeckte das elastische Kleidungsstück für ihre performancebasierte und skulpturale Serie „R.S.V.P.“. Neben vier neueren Skulpturen zeigt die Galerie Sprüth Magers in Nengudis erster deutschen Einzelausstellung Fotografien ehemaliger Performances.

Die elf Aufnahmen der Gruppenperformance „Ceremony for Freeway Fets“ von 1978 geben Einblick in die schwarze Musiker- und Künstlergemeinschaft des Studio Z Kollektivs, dem sich Nengudi in den 70ern in Los Angeles anschloss. Mit Strumpfhosen improvisierten die Teilnehmer tänzerisch die Zusammenführung eines weiblichen und männlichen Geistes. Weitere Abzüge in der Galerie zeigen Tänzerinnen, die sich in Nengudis Strumpfhosen-Skulpturen bewegen. In „R.S.V.P. Reverie Scribe“ von 2014 ließ die Künstlerin jeweils das eine Bein von fünf Strumpfhosen mit Sand füllen, das andere an die Wand nageln. Auf einer Fotografie von 1976 zieht eine Performerin die Enden der Strumpfhosen in die Länge und wird so selbst aktiv. Der Eingriff macht die Skulpturen lebendig. Die „weichen“ Skulpturen veranschaulichen ein Paradoxon, denn sie stellen ein körperhaftes Gebilde dar und sind zugleich ein Gegenstand, der im Alltag eines Körpers der Zweckerfüllung bedarf.

Nylons als Symbol der Unterdrückung

Für Nengudi steht die Flexibilität von Nylon sinnbildlich für die Verwandlungsmöglichkeit des weiblichen Körpers. Auch ohne Performances in der Galerie spielen die Skulpturen auf die Elastizität der Strumpfhosen an. Die bräunlichen langen Stränge weisen durch kleine Risse und Laufmaschen auf den Gebrauch hin. Doch die Dehnbarkeit des Materials ist gleichzeitig ein Trugschluss.

Senga Nengudi benutzt Nylons auch als feministisches Symbol der Unterdrückung. Noch immer heißt es im Business-Knigge, dass Frauen zu Röcken und Kleidern Strumpfhosen zu tragen haben. Als zweite Haut bekommen sie so schnell einen limitierenden Charakter.

Sprüth Magers, Oranienburger Str. 18, bis 8. 9.; Di bis Sa 11 – 18 Uhr.

Lorina Speder

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