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Kultur: Shoppen und richten

Bernhard Schulz über das Bekenntnis eines Star-Architekten

An Rem Koolhaas scheiden sich die Geister. Der niederländische Architekt, dem spätestens mit dem Pritzker-Preis 2000 der Ritterschlag zuteil wurde, hat stets polarisiert. Anfangs trat er wie alle zornigen jungen Männer mit Publikationen hervor. Sein Buch „Delirious New York“ von 1978 gilt bis heute als eine Bibel der Manhattan-Maniacs.

Damals hatte der 1944 geborene Autor noch nichts gebaut. Doch wie es so geht, wurde der Mann im Laufe der Jahre zum hofierten Weltstar. Interessant die Doppelrolle, in die zu schlüpfen ihm gelang: einerseits Kritiker der westlichen Gesellschaftsform, zentriert ums Shopping, andererseits Baumeister der elegantesten „Prada“-Shops dieser Erde, in denen ebenjenes Shopping als einziger Lebenssinn zelebriert wird. Und die Studien, die Koolhaas mit seinen Harvard-Studenten in chinesischen Boom-Gebieten durchgeführt hat, öffneten ihm die Türen zu den heiß begehrten Aufträgen im Reich der Mitte.

Dieser Spagat hat manchen verwundert. Nicht jedoch seine unverdrossene Anhängerschar, die ihm jetzt etwa in Gestalt einer Doppelausgabe der angesehenen Zeitschrift „archplus“ huldigt. „Es ging bisher fast immer um die Frage, ob unsere Arbeit amoralisch ist“, mokiert sich Koolhaas im Interview über seine Kritiker. Nun – wer sich zum Richter über die Gesellschaft aufschwingt, sollte die hohe Messlatte für sich selber gelten lassen. „Und wir haben niemals die Leute davon überzeugen können, dass wir es gut meinen.“ Gut? Ein derart schlichtes Eingeständnis hätte man vom Theorie-Jongleur Koolhaas am allerwenigsten erwartet.

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