zum Hauptinhalt

Kultur: Sie baut tatsächlich

Sabine Hornig geht mit der Tarnkappe durch die Stadt.Wie Fritz Balthaus, Ayse Erkmen, Gunda Förster, Ulrike Grossarth gehört sie zu jenen Berliner Künstlern, die aus unterschiedlichen Gründen keine ansässige Galerie haben und daher meist übersehen werden, wenn auswärtige Kuratoren sich in der Stadt informieren.

Sabine Hornig geht mit der Tarnkappe durch die Stadt.Wie Fritz Balthaus, Ayse Erkmen, Gunda Förster, Ulrike Grossarth gehört sie zu jenen Berliner Künstlern, die aus unterschiedlichen Gründen keine ansässige Galerie haben und daher meist übersehen werden, wenn auswärtige Kuratoren sich in der Stadt informieren.Beteiligungen verdanken sie nicht der Vermittlung von Galeristen, sondern sympathisierenden Multiplikatoren.Hornig fand überdies in Gisela Wiensowski eine frühe Förderin.Mit ihr hatte sie vor vier Jahren in den Kunst-Werken ein aufwendiges Werk realisiert und ein Atelier für zwei Monate in eine begehbare Archiskulptur transformiert, die als Prototyp in jedes Gebäude eingebaut werden könnte: als Gehäuse, das der Anschauung seiner eigenen Konstruiertheit dient.

Jetzt zeigt Sabine Hornig in den mäzenatisch betriebenen Räumen von Wiensowski & Harbord einen variablen Einbau, den sie auf ähnliche Weise vor zwei Jahren im Kunstmuseum Malmö realisiert hatte; und man kann sehen, wie präzise diese 1964 geborene Künstlerin das Medium Skulptur mit der Bewegung zwischen Bild und Architektur verschwistert.Jede Perspektive öffnet vielfältig verspiegelte Ansichten verschiedener Zentren.Wer zielgerichtet den Raum durchmißt, weiß rasch nicht mehr ein noch aus.Wer aber Gehen und Sehen verbindet, verfängt sich bald in einem Wachtraum und erkennt, wie sich je nach Stand- und Blickpunkt Bildergalerien auftun und jedes Bild ein weiteres ermöglicht, bis die Rahmen wie ein Kaleidoskop in sich zusammenfallen.

"Erinnerung ist Rekonstruktion" hieß der Vorläufer in Malmö.Zwar baut Hornig Räume in bereits vorhandene, aber sie haben eine Verankerung im Realraum und erlauben einen Blick in ein Außen, das sich wiederum als Innen von etwas anderem wie ein imaginäres Labyrinth erweist.Doch lösen Konstruktionsmerkmale die Illusionen, die jedes Sehen und Erinnern wie Schatten begleiten, immer wieder in faktische Bedingtheiten auf, so daß Hornig nun einen Raum erstellte, der sich selbst apostrophiert.Wer ihn beschreibt, spricht von der Erinnerung daran und also perspektivischen Rekonstruktionen.

Hornigs Realmodelle sind den Zeichnungen von Baumeistern imaginärer Architektur am nächsten; doch sie baut tatsächlich.Noch sind es kleine Interieurs, die sie gegebenen Wänden einfügt.Was aber wäre, wenn sie ein Gehäuse entwürfe, das unter freiem Himmel stünde? Dann würde sichtbar, ob es nach Dan Graham eine neue Generation von Pavillons als Denkform geben wird.Wer sonst als Sabine Hornig könnte dies leisten.

Wiensowski & Harbord, Goethestraße 69, bis 1.November; Freitag bis Sonntag 15-19 Uhr.

PETER HERBSTREUTH

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false