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Kultur: Sie ist der Boss

Im Kino: „Fast verheiratet“ mit Jason Segel.

Der Comedy-Star Jason Segel („Nie wieder Sex mit der Ex“) ist von so sympathischer Durchschnittlichkeit, dass man schon wieder misstrauisch wird. Hat er wirklich eine reine Seele oder ist die Naivität nur gespielt? Dieser Mann, dem im Film die Frauen weglaufen, hat im wahren Leben das Herz von Michelle Williams erobert. Wirklich nur ein netter Loser, in dem sich unverheiratete Hartz-IVEmpfänger wiedererkennen?

Als Schauspieler hat er einen Genremix für sich gepachtet: die romantische Prollkomödie. Die romantische Komödie ist für verliebte Paare gedacht, die Prollkomödie für Männer, die ihrer Freundin eher überdrüssig sind. Die Kombination macht es beiden Gruppen recht, und Segel hat die Qualitäten dafür: Etwas trottelig und ungepflegt, aber nicht abstoßend – kein Traummann, aber auch kein Nerd. Man glaubt ihm den uneigennützig Liebenden, der seine Karriere zugunsten seiner Verlobten aufgibt. Darum geht es in „Fast verheiratet“: um die Opfer, die man für eine Beziehung aufbringen muss, die räumliche Trennung, den Aufschub der Ehe. Der Koch Tom und die Psychologin Violet (Emily Blunt) leben in San Francisco und stehen kurz vor der Hochzeit, als sie an die University of Michigan berufen wird. Tom folgt ihr, obwohl er gerade Chefkoch werden sollte, und muss sich nun mit Billigjobs zufrieden geben.

Keine richtige Komödie also, eher ein Problemfilm mit Humor. Natürlich gibt es etwas zu lachen, wenn Tom in einem drittklassigen Restaurant arbeitet, da bleiben die unappetitlichen Gastronomiewitze nicht aus. Sehr schwarzhumorig geht es an Violets Arbeitsplatz zu: Hier werden Experimente mit Kindern gemacht, die vor der Wahl stehen, etwas länger auf frische Donuts zu warten oder sofort welche zu bekommen, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Alle Versuchspersonen entscheiden sich für die pappigen, trockenen Donuts. Und selbst Tom stellt mit der Zeit immer weniger Ansprüche an das Essen.

Der Film, den Segel mit Regisseur Nicholas Stoller geschrieben hat, deckt einen Zeitraum von fünf Jahren ab (Originaltitel: „Five-Year Engagement“) und dauert gut zwei Stunden. Man erträgt die Längen, weil beide Hauptdarsteller sympathisch sind und Violets dämonisch-komischer Vorgesetzter von Rhys Ifans gespielt wird. Und die Episode mit dem Donut-Experiment hat wirklich das Zeug zum Klassiker. Frank Noack

In 15 Kinos; OV im Cinestar SonyCenter

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