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Kultur: Simons Mahnung

Bernhard Schulz über das Erbe des Mäzenatentums

Ungeteilte Begeisterung hat die Wiedereröffnung des Bode-Museums gefunden. Die wilhelminische Architektur, gemischt aus Motiven von Renaissance und Barock, bietet in ihrer sorgsam wiederhergestellten Fassung keinen Anlass mehr zu bedenklichem Kopfschütteln. Nur der Platz für das kriegszerstörte Reiterstandbild Kaiser Friedrichs III., der als Kronprinz lange Jahre das eigens für ihn geschaffene Amt eines „Protektors der Königlichen Museen“ bekleidet hatte, bleibt leer. Während die Annäherung an die Vergangenheit mittlerweile so weit reicht, dass das Bode-Museum offiziell mit dem Namenszusatz „vormals Kaiser-Friedrich-Museum“ versehen wird, hapert es noch mit der Würdigung der bürgerlichen Vergangenheit des Hauses.

Dafür steht wie kein zweiter der Name James Simon. Er war der bei weitem bedeutendste Mäzen der Museen. Ohne ihn wäre die Museumsinsel nicht, was sie geworden ist: ein Museums- und Bildungskomplex von Weltgeltung. Doch das „James-Simon-Kabinett“, welches das Kaiser-Friedrich-Museum einst besaß und das in verschämter Form auch im Dahlemer Ausweichquartier der Gemäldegalerie zu besichtigen war, fehlt dem neu eingerichteten Bode-Museum. Da wäre einiges zusammengekommen. Mantegnas zauberhafte „Maria mit dem schlafenden Kind“, heute am Kulturforum zu bewundern, wäre wieder zwischen zwei Kleinskulpturen arrangiert, ihr gegenüber ein florentinischer Tisch, der heute zum Bestand des Kunstgewerbemuseums zählt. Nein, so weit über ihren Schatten zu springen, haben die zuständigen Museumsdirektoren nicht vermocht. In unseren Tagen, da der grundlegende Unterschied zwischen Sammler und Mäzen verwischt ist, würde der allein durch die erlesenen Kunstwerke gestiftete Verweis auf James Simon einiges gerade rücken.

Mäzene brauchen die Museen, nicht eitle Sammler, die sich lediglich zu oftmals vagen Dauerleihgaben an Häuser eigenen Namens herablassen. So mischt sich in den Rundgang auch ein wenig Melancholie. Es bestand damals eine eigentümliche Symbiose zwischen Hof und Bürgertum. Vergleichbares sollte der Demokratie, der bürgerlichen Herrschaftsform schlechthin, nicht vergönnt sein?

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