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Kultur: Sonderzug nach Salzau

sorgt sich um Klangtraditionen Die bemerkenswerteste Veränderung beim young.euro.

sorgt sich um Klangtraditionen Die bemerkenswerteste Veränderung beim young.euro.classic-Festival ist scheinbar ganz unauffällig: Traten früher fast ausschließlich nationale Jugendorchester mit ihren Programmen im Konzerthaus an, steht mittlerweile bei etlichen Ensembles der Zusatz „international“. Selbst die EU-Osterweiterung hat offenbar nicht zu einem stärkeren kulturellen Abgrenzungsbedürfnis der Einzelstaaten geführt, sondern im Gegenteil die Szene noch durchlässiger gemacht. Das ist einerseits ein Stück ganz praktischer paneuropäischer Integrationsarbeit: Wie sonst käme etwa ein spanischer Hornist dazu, Schleswig-Holstein kennen zu lernen, wenn nicht mit einem Proben-Sommerurlaub beim Schleswig-Holstein-Festival Orchester auf Schloss Salzau?

Daneben spiegelt diese Art Musiker-Interrail aber auch die Entwicklung der Orchesterszene mit ihren Chancen und Gefahren. Denn während früher die Nationalisierung des Musikbetriebs eben auch gewährleistete, dass spezifisch nationale Klangkulturen gepflegt wurden, liegt die Hauptgefahr der Internationalisierung im Verlust ihrer Traditionen.

Wie dieser Integrationsprozess erfolgreich bewältigt werden kann, haben in den letzten Jahren im Profiberich übrigens gerade zwei Berliner Orchester gezeigt: die Staatskapelle und das Berliner Sinfonie-Orchester. Beiden ist es gelungen, ihren deutschen Traditionsklang zu bewahren und gleichzeitig die spieltechnische Leistungsfähigkeit und stilistische Vielseitigkeit durch die Eingliederung nichtdeutscher Musiker (und Musikerinnen!) erheblich zu steigern. Ab Freitag, wenn das fünfte Jahr young.euro.classic mit dem Konzert der J.Vitols Musikakademie aus Lettland eröffnet wird, lässt sich bis zum 22. August überprüfen, wie die Jugendorchester diesen Spagat bewältigen.

Aber auch wenn young.euro das beherrschende Klassik-Ereignis im August ist, sollte man darüber nicht vergessen, dass es noch andere Initiativen in Berlin gibt, die sich schon seit langem um den Musikernachwuchs kümmern. Bei den Sommermatineen der GotthardSchierse-Stiftung im Musikinstrumenten-Museum beispielsweise sind regelmäßig Solisten zu hören, die später Karriere machen. Thomas Quasthoff, Christine Schäfer, Sabine Meyer, sie alle sind hier einmal aufgetreten.

Heute um elf ist der Pianist Sebastian Berweck an der Reihe, der sich vor allem mit zeitgenössischer Musik schon einen Namen gemacht hat, nächsten Sonntag stellt sich das preisgekrönte österreichische Quadriga-Consort mit Musik der Renaissance vor.

Jörg Königsdorf

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