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Kultur: SPD-Parteitag in Nürnberg: Meckert mal schön!

Manch einer am Rhein fühlte sich in diesen Tagen an die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen vor gut einem Jahr erinnert. Damals traf sich Wolfgang Clement demonstrativ gut gelaunt mit Jürgen Möllemann, während der Düsseldorfer Regierungschef neben Bärbel Höhn stets gequält dreinblickte.

Manch einer am Rhein fühlte sich in diesen Tagen an die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen vor gut einem Jahr erinnert. Damals traf sich Wolfgang Clement demonstrativ gut gelaunt mit Jürgen Möllemann, während der Düsseldorfer Regierungschef neben Bärbel Höhn stets gequält dreinblickte. Die Grünen empfanden den Umgang des Koalitionspartners als Demütigung, aber auch inhaltlich verlangte Clement viel. Er wollte zum Beispiel ein klares Bekenntnis der Grünen zur Energiepolitik und damit zum Tagebau Garzweiler II.

Am Ende entschieden sich die Grünen - auch auf einem Parteitag - für ein Ja zur Koalition und seither regieren Rote und Grüne in Düsseldorf so störungsfrei, dass keine überregionalen Schlagzeilen mehr produziert werden. "Es ist richtig, wir haben im neuen Kabinett über Garzweiler noch nicht einmal geredet", stellt Wolfgang Clement fest, der diese Erfahrung natürlich mit Gerhard Schröder besprochen und ihm eindeutig zum Vertrauensvotum geraten hat.

Alte Wunden sind nicht verheilt

Während sich Clement vor einem Jahr auch mit kritischen Anfragen der eigenen Basis auseinander setzen musste, "der hat die Grünen gedemütigt", reagiert die SPD-Basis dieses Mal anders. "Der eine oder andere wäre die Grünen gerne losgeworden", weiß Hans Krings zu berichten, der Landtagsabgeordnete aus dem Braunkohlenrevier, wo man sich über die Ruhe bei diesem Thema zwar freut, aber alte Wunden eben noch nicht verheilt sind.

Nicht wenige hatten Gefallen an der Idee von Neuwahlen gefunden, weil sowohl die Grünen wie die CDU/CSU nach Ansicht von vielen Genossen bis zu einem Urnengang im Februar weitgehend mit sich selbst beschäftigt gewesen wären. Von den Anhängern dieser Linie äußert sich keiner mehr öffentlich in diesem Sinne, aber hinter den Kulissen hofft man noch auf die grüne Basis, die ihrer Führung in Rostock die rote Karte zeigen könnte. Nach dem Motto: Meckert mal schön!

In der Kriegsfrage hat sich die Partei weitgehend hinter Schröder gesammelt. Natürlich gab es auch in der SPD-Fraktion zum Beginn vergangener Woche an die 30 Abweichler, darunter nicht wenige aus dem größten Landesverband - etliche von denen hatten in der eigenen Regierung schon in der Mazedonienfrage die Gefolgschaft verweigert; wie etwas Uwe Jens, Adi Ostertag oder Wolfgang Rotthaus. Deren Bedenken wurden nicht nur durch die Machtfrage relativiert.

Auf Werbetour für den Kanzler

Einer der Parteilinken, Michael Müller, organisierte für den Kanzler die Mehrheit in den eigenen Reihen und seine Argumente ziehen auch an der Basis. Auf einem Unterbezirksparteitag seines Düsseldorfer Verbandes hat er am Wochenende für das Berliner Votum geworben und viel Beifall erhalten. "Wir kommen von der institutionellen Ordnung der alten Machtblöcke zu einer Weltinnenpolitik", rief er den Genossinnen und Genossen zu, "und da sind wir als europäische Sozialdemokraten besonders gefordert". Die aktuelle Lage im Krisengebiet, sowie offenkundig vorhandene Zusagen der Amerikaner an Gerhard Schröder, den Krieg nicht auf andere Länder auszudehnen, hat ihm das Argumentieren leicht gemacht.

Wolfgang Clement hat all die Berichte von der eigenen Basis erfreut zur Kenntnis genommen. Er stellt sich nun auf einen Bundestagswahlkampf zum Herbst kommenden Jahres ein und will die Aufmerksamkeit der Parteifreunde auf den Arbeitsmarkt lenken. "Ich bin davon überzeugt", sagte er dem Tagesspiegel, "dass wir weiter reichende Reformen anstreben müssen". Clement will zum Beispiel neue Regeln für die Beschäftigung von gering qualifizierten Arbeitnehmern.

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