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Tagesspiegel-Kolumnist Klaus Brinkbäumer.

© Tobias Everke

SpiegelSTRICH: Wtf, PEBKAC!

Ich habe heute wieder einen Plan für Sie. Wollen wir versuchen, Akronyme und andere Kurzformen aller Art derart kreativ und elegant zu erfinden wie die sprachlichen Entdecker auf der amerikanischen Seite des großen Meeres?

Ich habe heute wieder einen Plan für Sie. Wollen wir versuchen, Akronyme und andere Kurzformen aller Art derart kreativ und elegant zu erfinden wie die sprachlichen Entdecker auf der amerikanischen Seite des großen Meeres?

X.o.w. steht in den USA für die einstige Zweitfrau: ex-other woman. He is str8 meint den ganz normalen Hetero. Wtf, what the fuck, ist ähnlich effektiv wie jenes lol, laughing out loud, welches nur von deutschen Menschen jenseits der 50 noch als lots of love fehlübersetzt wird und bisweilen doch unfreiwillig passt. GhaG wiederum heißt girl hating girls, bezeichnet folglich ein Mädchen, das nur männliche Freunde hat. Wie fulminant diese vier Buchstaben klingen: langgezogen, nasal, ghääääck.

Damit sollten wir mithalten können. Ein Akronym übrigens entsteht dann, wenn aus den ersten Buchstaben mehrerer Wörter ein neues Wort geformt wird: ADAC ist ein Akronym, das wir alle kennen, auch die Nato (ausgeschrieben North Atlantic Treaty Organization), der Radar (radio detection and ranging), der PC (personal computer) und der Laser (light amplification by stimulated emission of radiation).

Akronyme vermeiden Umwege, weshalb wir der Bundeskanzlerin und allen anderen, die mitunter langatmig reden, eine kleine Wikipedia-Recherche („Akronym“) nahelegen möchten. ROFLMAO = rolling on the floor laughing my ass off, kannte ich nicht, überzeugt mich sofort. RTFM = read the fucking manual, ok, ich lese die Anleitung, ich hab's begriffen: PEBKAC = the problem exists between keyboard and chair, das Problem bin ich selbst.

Die besten Akronyme sind so gut, dass wir vergessen, dass sie welche sind. Snafu (situation normal, all fucked up) beschrieb im Zweiten Weltkrieg das Chaos der Schlachtfelder und gilt heute als Wort; Gleiches gilt für fubar (fucked up beyond all repair). Dass ein Wort wie ZIP in den USA eine Postleitzahl meint, wissen dort alle; dass es einst ein zone improvement plan war, weiß kein Mensch mehr. Care-Pakete werden längst in alle Welt geliefert, der Begriff aber bezeichnete die Cooperative for American remittances to Europe. Ganz selbstverständlich sagen Amerikaner heute nimby: not in my backyard. Wir Deutsche wiederum haben uns so sehr angewöhnt, das Wörtchen Bamf auszuspucken, dass wir kaum noch ahnen, dass es ein ehrenwertes Bundesamt für Migration meint.

Im schönen Deutschen gibt es jede Menge Silbenkurzwörter, das sind jene, welche aus vielen Silben weniger Silben machen: Kita, Disko, Mofa oder Vopo. Schwanzwörter heißen jene, bei denen nur das Ende des alten Worts überleben durfte: Bus (Autobus), Pille (Antibabypille) oder Bahn (Eisenbahn). Kopfwörter behalten nur den Anfang: Akku (Akkumulator), Abi (Abitur) oder Demo (Demonstration).

Apronyme (p statt k) gibt es auch, eine besondere Kunstform, denn sie lassen aus mehreren alten Wörtern ein vereintes entstehen, das zwar bereits existierte, doch nun eine alternative Bedeutung erhält: Aus der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung & basisdemokratische Initiative erwächst die PARTEI; und weil diese Methode auch wunderhübsche Euphemismen erzeugen kann, wurde aus einem Lauschangriff mit dem Namen Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism ein vorbildlicher Einsatz fürs Vaterland: der USA Patriot Act.

Ich möchte dazu anregen, die Verdichtung der Sprache vorerst auf dem Feld des Humors anzustreben. Ehe = errare humanum est, diese Spielerei heißt Backronym, weil einem alten Wort eine neue Bedeutung geschenkt wird.

Team heißt: Toll, ein anderer macht's.

Doch nein, das ist Unsinn, denn dies ist eine Lehre aus der Segelwelt: Machen wir’s lieber selbst. Mawilise? Jetzt sind Sie dran.

Klaus Brinkbäumer war zuletzt Chefredakteur des „Spiegel“ und arbeitet heute als Autor unter anderem für „Die Zeit“.

Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter @Brinkbaeumer.Foto: Tobias Everke

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