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SPIEL Sachen: Gebrochene Herzen am Wodkabrunnen

Das Ballhaus Ost versprüht osteuropäischen Community-Charme und lädt in eine „WG im Ausnahmezustand“.

Wer von seiner schicken Mietwohnung im Prenzlauer Berg zumindest stundenweise die Nase voll und melancholische Sehnsüchte nach alten WG-Zeiten hat, gehört definitiv zur Zielgruppe der Kommunalka 09010 (heute und morgen, 20 Uhr)! Das Ballhaus Ost – angesiedelt auf der kiezeigenen Flaniermeile Pappelallee – versprüht osteuropäischen Community- Charme und lädt in eine „WG im Ausnahmezustand“. Soll heißen: Das Theater mutiert für 30 Künstler zur temporären Gemeinschaftswohnung und für ihre Besucher zur begehbaren Installation. Bei derart geballter Kreativität muss man sich natürlich auf Schritt und Tritt entscheiden: Beschallung auf höchstem Niveau im Zimmer des bulgarischen Opernsängers? Neue regionale Trend-Schnitte in der ukrainischen Friseurstube? Oder doch lieber die durchs gesamte Haus tobende „Kommunalka-Soap“, die – wie die Veranstalter versprechen – Herzen nicht nur erweicht, sondern auch „zerstört“? Wodkabrunnen und Borschtsch haben jedenfalls weder drinnen noch draußen ein Ende. Und die Tatsache, dass das Event auf Interviews mit stolzen vierzig in Berlin lebenden Osteuropäern basiert, adelt es mit der viel zitierten Authentizität.

Wer dazu irgendwann das ideale Gegenprogramm und also mal wieder den distanzierten Blick braucht, kann gleich anschließend in den Sophiensälen einkehren. Dort gastiert (heute bis So u. Di-Do, 20 Uhr) die für ihr intelligentes Musiktheater bekannte Lose Combo mit dem viel versprechenden Projekt „Gegendarstellung“. Regisseur Jörg Laue und sein Team waren vor zwei Jahren in Südafrika unterwegs. Nun hinterfragen sie rechtzeitig zum beginnenden WM-Hype die massenmedialen Bilder des Gastgeberlandes. Während die Veranstalter der bevorstehenden Fußball-WM „ein weitgehend widerspruchsfreies Bild zu verbreiten“ suchten, habe „die raue gesellschaftliche Wirklichkeit“ die Lose Combo 2008 mancherorts sogar daran gehindert, „Bildmaterial für ihre künstlerische Arbeit zu sammeln“, verlautet aus dem Künstlertrupp. Zwischen „freien musikalischen Improvisationen, Erinnerungsberichten und Reflexionen“ sind via Skype auch Südafrika- Experten zugeschaltet.

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