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SPIEL Sachen: Neues vom Tage

Christine Wahl gratuliert einer ewig jungen Bühne zum 100.

Theaterkritiker neigen ja normalerweise nicht zur Übertreibung. Trotzdem darf man mit Fug und Recht behaupten, dass das neue Jahr kaum glücklicher beginnen könnte. Das Hebbel am Ufer feiert nämlich am 29. Januar seinen 100. Geburtstag. In der Tat wurde hier schon lange vor Peter Stein Theaterhistorie geschrieben. Zum Beispiel in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als Fritz Kortner oder Jürgen Fehling an dieser Spielstätte arbeiteten und selbst Gustaf Gründgens sein Comeback gab, während alle anderen Theater in den Westsektoren zerstört waren. Ab 1970, als Stein die Leitung der Schaubühne am Halleschen Ufer übernahm, triumphierten dann Bruno Ganz, Otto Sander, Jutta Lampe oder Edith Clever in bahnbrechenden Inszenierungen.

Gemäß der gewaltigen Tradition des Hauses wird im Geburtstagsmonat natürlich programmatisch ordentlich aufgetafelt. Und zwar schon ab heute: Johan Simons gastiert mit seinem Musiktheater nach Pedro Calderòn de la Barca „Das Leben ein Traum“ im HAU 1 (4.-6.1., 19.30 Uhr). Mit seiner belgischen Truppe vom NT Gent macht der Regisseur aus dem großen Stück des spanischen Barock mit Peter Vermeerschs Musik ein „Metaphysical“ der eigenwilligen Spiegelungen und wirft surreale Perspektiven auf Verdrängtes und Ausgegrenztes. Der Stoff um den Prinzen Sigismund, dessen Eltern schon vor seiner Geburt ein düsteres Horoskop für den Thronfolger erstellt wurde, bietet dafür wahrlich vielfältige Gelegenheiten.

Nicht mit Weissagungen, sondern mit Fakten operiert gleich einen Abend später Rimini Protokoll – und zwar so lange, bis sie sich doch noch als Fiktion enttarnen. In ihrer neuen Produktion „Breaking News“ im HAU 2 (5./6., 8.-10. & 12.1., 19.30 Uhr) untersuchen Helgard Haug und Daniel Wetzel vom erfolgreichen Doku-Regie-Trio, das mit seinen „Alltagsexperten“ in den letzten Jahren so gut wie alle Preise abgeräumt und die Ästhetik von Matthias Lilienthals Kreuzberger Theaterkombinat wie keine zweite Truppe geprägt hat, das Making of der Abendnachrichten. Auf zig Bildschirmen werden Abend für Abend live per Satellitenverbindung die Nachrichtensendungen verschiedener internationaler Fernsehstationen – von der ARD über BBC bis Al Jazeera – empfangen und auf der Bühne von landes- wie medienkundigen Profis übersetzt. Agenturjournalisten, Auslandskorrespondenten und (Tagesschau-)Kritiker analysieren das Material dann aus ihrer jeweiligen Perspektive und werden garantiert keinen Zweifel daran lassen, dass der Untertitel vom „Tagesschauspiel“ auch – und vielleicht sogar gerade – für das Nachrichtenbusiness mehr als berechtigt ist.

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