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SPIEL Sachen: Wenn Beamte Trauer tragen

Christine Wahl hat Mitleid mit liebeskranken Staatsdienern

Unlustig ist das Beamtenleben. Wer wollte es dem Herrn Poprischtschin aus Nikolai Gogols Tagebuch eines Wahnsinnigen verdenken, dass er deshalb bereits vor 173 Jahren zum pathologischen Fall avancierte? Viel scheint sich an der Beamtenmentalität nicht geändert zu haben, suggeriert Hanna Rudolphs zeitlose Inszenierung mit dem Ausnahmeschauspieler Samuel Finzi in der Box des Deutschen Theaters (27.1., 9.2., 20.30 Uhr).

Dabei besteht das größere Problem nicht darin, dass Herrn P.s Job sich im Bleistiftspitzen für den Chef erschöpft – sondern darin, dass man ihm den Beruf so deutlich ansieht. Für die Tochter des Arbeitgebers jedenfalls, der er in einmaliger, eben Finzi-clownesker Klemmigkeit verfällt, rangiert P. gar nicht erst auf der erotischen Skala; noch nicht mal im Negativbereich. In solchen Fällen hilft bekanntlich nur die konsequente Anfechtung der Realität: Während P. sich wacker zum spanischen König imaginiert und hochnotkomisch sämtliche Borderline-Facetten auskostet, knüpft Finzi quasi nahtlos an seine grandiose Darstellung im Selbstmörder unter der Regie Dimiter Gotscheffs in der Volksbühne an (13.2., 19.30 Uhr).

Finzi lässt hier seine Unterschenkel zu sprechenden Haustieren mutieren, schleudert die Vokabel „Departement“ mit der Schärfe einer Schnellfeuerwaffe ins Publikum, spielt sich formvollendet durch sämtliche omnipotenzfantastischen Underdog-Posen und beweist einmal mehr, dass die Lächerlichkeit des Menschen jener Art Komik entspringt, die sich bestens in den tragischen Abgründen auskennt.

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