zum Hauptinhalt

SPIEL Sachen: Deutsch als Designerprodukt

Das Reenactment, die künstlerische Rekonstruktion historischer Ereignisse, erfreut sich im Theater immer größerer Beliebtheit. Spätestens seit der Schweizer Theatermacher Milo Rau mit seiner Nachinszenierung einer Programmstunde des ruandischen Propaganda-Radiosenders RTLM zum Theatertreffen eingeladen war, ist das Reenactment als politisches Theaterformat etabliert.

Das Reenactment, die künstlerische Rekonstruktion historischer Ereignisse, erfreut sich im Theater immer größerer Beliebtheit. Spätestens seit der Schweizer Theatermacher Milo Rau mit seiner Nachinszenierung einer Programmstunde des ruandischen Propaganda-Radiosenders RTLM zum Theatertreffen eingeladen war, ist das Reenactment als politisches Theaterformat etabliert.

Nina Tecklenburg, Till Müller-Klug und das Label Interrobang wollen nun buchstäblich einen Schritt weiter gehen und laden zu einem „Preenactment“, das, „anders als das rückwärtsgewandte Reenactment, exemplarische Gegenwartsphänomene erforscht und mit Performance- und Theatermitteln in die Zukunft fortschreibt.“ Kurzum: Wer heute schon wissen will, was morgen state of the art ist, sollte Sprachlabor Babylon in den Sophiensaelen nicht versäumen (9./10., 13./14. u. 16.–18.11., 21 Uhr sowie 11.11., 18/21 Uhr). Ausgehend von der gegenwärtigen Tendenz zur „Ökonomisierung öffentlicher Güter“ kreist das Projekt um die Frage, wie eine Welt aussähe, in der sich Sprachen nicht selbst entwickeln, sondern regelrecht designt werden. Wohlfühlisch, Neukritisch, Exzellenzdeutsch, Hochpoetisch oder Spardeutsch könnten die „Sprachprodukte von morgen“ heißen, die die Performer gemeinsam mit dem Publikum kreieren und natürlich sofort dem „globalen Stresstest“ unterziehen. Interrobang imaginieren mit diesem linguistischen Zukunftsszenario ein postnationales Zeitalter, in dem Sprachen nicht mehr an Ort oder Herkunft gebunden sind: „Die Sprachprodukte der Firma Deutsch sind weltweit verfügbar und konkurrieren mit den Produkten der Firmen Spanisch, Panjabi, Swahili, Chinesisch und vielen anderen.“ Am Ende kann das Publikum hoffentlich die beiden Fragen beantworten, die im Zentrum des Versuchs stehen. Erstens: „Kommt es zu Konflikten zwischen Sparsprachlern und Wortreichen?“ Und: „Kann man mit den neuen Sprachen besser denken?“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false