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Kultur: Spuren aus dem Eldorado des Chaos - Zeichnungen, Collagen und Bilder des Künstlers

Seine poetische Phantasie schuf einen schier unbegrenzten Spielraum jenseits unserer zweckrationalen Wirklichkeit: Michael Buthe setzte Zeichen, Symbole und Mythen für eine von ihm erschaffene Welt. Auf Reisen in den Orient und nach SchwarzAfrika, Marokko und Mallorca suchte er die noch vorhandenen Spuren von Kulten, Ritualen, Mythen archaischer Gesellschaften auf und brachte sie in seine Arbeiten ein.

Seine poetische Phantasie schuf einen schier unbegrenzten Spielraum jenseits unserer zweckrationalen Wirklichkeit: Michael Buthe setzte Zeichen, Symbole und Mythen für eine von ihm erschaffene Welt. Auf Reisen in den Orient und nach SchwarzAfrika, Marokko und Mallorca suchte er die noch vorhandenen Spuren von Kulten, Ritualen, Mythen archaischer Gesellschaften auf und brachte sie in seine Arbeiten ein. Banale Fund- und Erinnerungsstücke wurden wie Fetische aufgeladen; durch Bemalung, Beschichtung, Umwickelung, Verklammerung und überraschende Kombinationen erhalten sie eine völlig neue Qualität. Buthe zerschneidet Papier und Leinwand, zerreißt Stoffe, fragmentarisiert Gegenstände lässt sie einen Dialog führen oder neue Verbindungen eingehen. Zerstörung des Materials und Heilung gehen ritualhaft ineinander über. Die Folge "Der Bienenkönig" von 1975 (Mischtechnik auf Papier, je 4600 Mark, gesamt 150 000 Mark) erfindet Episoden aus dem Leben eines männlichen Pendants der Bienenkönigin, komponiert aus Skripturen und Symbolen, mit Gold- und Silberpapier untersetzt und Goldfäden umwickelt. Buthe bedient sich hier der Enkaustik, einer in Vergessenheit geratenen Technik, bei der die Pigmente durch Bienenwachs gebunden sind. Das Wachs bleibt an der Oberfläche und suggeriert die Idee von Haut. Es besitzt die Qualität von Transparenz, opaker Starre und Dichte zugleich. Das zeigt sich in der Collage "Federsonne" (etwa 1975), dem Sinnbild des Lichts, der Liebe und des Lebens. Wachs und die Federn geben der Arbeit körperliche Präsenz, setzen Assoziationen frei, die um die ersten und letzten Dinge des Lebens kreisen.

Die pulsierenden, unterschiedlichen Formen seiner titellosen Material- und Fotocollagen (je 5500 bis 7500 Mark) schildern eine imaginäre Bilderwelt. Mal verzichtet Buthe ganz auf Farbe, dann wieder setzt er sie in ganzer orientalischer Pracht ein. Die Arbeiten werden durch Fotoausschnitte von orientalischen Bazaren, byzantinischen Ikonen, Vorbildern der Kunstgeschichte von Botticelli bis Warhol, durch ein patchworkartiges Raster, mit rituellen Zeichen, Bruchstücken von Erinnerungen und Assoziationen Schicht auf Schicht gefügt. Ein Eldorado des Chaos, so hat Buthe es genannt, denn das Chaos ist in den alten Schöpfungsmythen jener Urstoff, aus dem die Dinge und Erscheinungen hervorgegangen sind. Unterschiedliche Papiersorten, Wollfäden, Flaschenverschlüsse, Glücksbringer aus Knallkörpern, Gummiringe, Glaskugeln, Schneckengehäuse, Tierknochen, Gebäck in Form von Herzen und Sternen, Blütenblätter oder zarter Blütenstaub, der über das Blatt geworfen wird - die Dinge gewinnen Spiritualität und rituelle Bedeutung. In sanfter Bewegung, weisen sie ins Mikro- wie ins Makrokosmische - paradiesische Welten, Areolen oder Strahlungen, die ins Unendliche gehen. Die Arbeiten sagen viel, aber sie erzählen nichts.Galerie Georg Nothelfer, Uhlandstr. 184, bis 4. Dezember; Dienstag bis Freitag 14-18.30 Uhr, Sonnabend 10-16 Uhr.

Klaus Hammer

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