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Kultur: Streit ums Urheberrecht: So nicht!

Über Geld redet man nicht. Neureiche tun es trotzdem, Finanzminister und Gewerkschaften auch.

Über Geld redet man nicht. Neureiche tun es trotzdem, Finanzminister und Gewerkschaften auch. Ihr Ansehen ist entsprechend. Wie der Teufel das Weihwasser scheut der Bürger die Rede über das Objekt seiner Begierde.

Die Folgen sind, wie sich derzeit an den Auseinandersetzungen über den Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht verfolgen lässt, zuweilen erheiternd. Das spröde Thema ist für die Betroffenen von einiger wirtschaftlicher Bedeutung und verleitet sie daher zu diskursiven Verrenkungen, gegen die die Tarifverhandlungen der IG Metall wie Aufrufe zum bewaffneten Widerstand anmuten. "Wir möchten keine Neiddebatte führen", flöten die Übersetzer, freie Journalisten, Fotoreporter und andere Kreative, wenn sie sich für die Reform aussprechen, die ihre Lage verbessern soll. "Wir sind für eine angemessene Vergütung der Urheber", unterstreichen die Verwerter, die Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchverlage, der öffentlich-rechtliche wie der private Hörfunk sowie die Fernsehsender.

Nach solchen Präliminarien geht es auf der Pressekonferenz, zu der die Verbände der Medienunternehmen in Berlin eingeladen hatten, doch noch ordentlich zur Sache. Mit einem bündigen "So nicht", fasst Eva Maria-Michel die Einwände der Verwerter gegen das geplante Gesetz zusammen. Einmütig stimmt die Herrenriege der Justiziarin des Westdeutschen Rundfunks zu. Gemeinsam stellen sie drei Rechtsgutachten vor, die den Gesetzentwurf rundweg ablehnen. Statt ihn zu verbessern, heißt es, solle die Bundesregierung ihr Vorhaben fallen lassen.

Besonders missfallen den Medienunternehmen jene neuen Regelungen, die den Urhebern erlauben sollen, "auf Augenhöhe" mit den Medienunternehmen zu verhandeln: Die Kreativen sollen einen einklagbaren Anspruch auf eine "angemessene Vergütung" erhalten, die sich nach branchenintern auszuhandelnden Vergütungsregeln bemisst, ähnlich einem Tarifvertrag.

Die Gutachten der Professoren Georgios Gounalakis, Meinhard Heinze und Dieter Dörr kritisieren dieses Vorhaben auf allen denkbaren Ebenen: Im internationalen Vergleich sei es beispiellos, die geplanten Vereinigungen der Urheber widersprächen dem europäischen Kartellrecht, und in verfassungsrechtlicher Hinsicht werde die Vertragsfreiheit verletzt. Die vorgesehene Möglichkeit, bei neuen Verwertungen auch bis zu 20 Jahre alte Verträge überprüfen zu lassen, schaffe Rechtsunsicherheit. Und, fügten die Verbandsvertreter hinzu, auch Kalkulationsunsicherheit.

Alle diese Kritikpunkte sind in den Zeitschriften der Verbände ausgiebig, zuweilen auch mit Warnungen vor einer Gefährdung des Medienstandorts Deutschlands, diskutiert worden. Neu sind allerdings die Einwände von Meinhard Heinze, der der Novelle einen "neidischen Blick auf das Tarifvertragssystem" nachsagt. Er nennt es einen gefährlichen staatlichen Eingriff in die Tarifautonomie, wenn bei einer Nichteinigung der Urheber- und Nutzerverbände die Zwangsschlichtung vorgeschrieben werde. Zudem sagt er, die Urheber erfüllten gar nicht die Bedingungen, um überhaupt als Tarifpartei auftreten zu können. Mit wem nur haben bisher einige Branchen, Rundfunkanstalten und Zeitungsverlage Tarifverträge für freie Mitarbeiter abgeschlossen?

Zurzeit führen die Verbände Gespräche mit dem Bundesjustizministerium, über deren Fortschritte man nichts bekanntgeben wollte - wohl um die vernichtende Kritik der Gutachten nicht abzuschwächen.

Jörg Plath

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