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Kultur: These guys can rock

Eine weitverbreitete Unsitte: Rockmusikern, die die fünfzig überschritten haben, ihr Alter vorzuwerfen.Schließlich zeigen etliche "elder statesmen" des Rock ständig neu, was sie ihren jugendlichen Nachfolgern voraus haben.

Eine weitverbreitete Unsitte: Rockmusikern, die die fünfzig überschritten haben, ihr Alter vorzuwerfen.Schließlich zeigen etliche "elder statesmen" des Rock ständig neu, was sie ihren jugendlichen Nachfolgern voraus haben.Bei Deep Purple allerdings könnte man schon mal skeptisch werden.Mit Schaudern erinnert man sich an den Versuch von 1969, Hardrock mit klassischer Musik zusammenzubringen: Deep Purple mit dem Royal Philharmonic Orchestra in der Albert Hall.Bombastischer Kitsch.Andererseits gab es da doch auch ein paar ganze ordentliche Rocksongs, ein paar nette Singles, oder?

Genau 30 Jahre nach ihrer Gründung haben Deep Purple nun "Abandon", ihr 18.Studioalbum, herausgebracht und sind wieder auf Tour: und, siehe da, das riesige Berliner Velodrom knallvoll, ein Beifallsorkan.Furioser Beginn mit dem ersten Hit von 68; der Joe South-Coverversion "Hush".Und der größte Teil des Publikums singt mit: Nah-Nanna-Nah, Nanna-Nah-Nanna-Nah.Das Publikum: die meisten in den Vierzigern und Fünfzigern, hauptsächlich Männer, entsprechend viel graues, schütteres oder gar nicht mehr vorhandenes Haar.Ian Gillan aber läßt seine dunkle Mähne wehen und trägt schwarze Flatterkleidung, damit die Leibesfülle nicht so auffällt.Und - angenehm - er kreischt nicht mehr so schrecklich wie früher.Jon Lord thront weißhaarig hinter seinen Keyboards in der Mitte der Bühne.Ebenfalls angenehm: Seine Orgel klingt nicht mehr so schneidend und herrschsüchtig wie früher.Mit einer fast unmerklichen Handbewegung dirigiert er gelegentlich die Band.Ian Paice, mit dunkler Sonnenbrille und Kopftuch, trommelt zuverlässig, kraftvoll.Roger Glover sieht von Ferne aus wie Willie Nelson; spielt solide, wobei der Baß leider zu laut ist.Auf der rechten Bühnenseite ständig freundlich lächelnd der All-American-Boy Steve Morse.Er läßt sein Instrument sprechen und singen, flüstern und schreiben, bohren, sägen, hämmern, pfeifen, trompeten, flöten und orgeln.Der großartige Techniker hat alle Tricks drauf, und trotzdem sehnt man sich gelegentlich nach den nicht gespielten Tönen.

Ohne den Schnickschnack, den Bombast der alten Tage machen Deep Purple ihr Konzert zur Party.Spielen sich über zwei Stunden durch ein Programm, in dem sie geschickt die Stücke ihres neuen Albums mit den alten Hits mischen.Und alle tanzen, singen, freuen sich."Man, these guys can rock", sagt ein schwarzer Amerikaner beim Rausgehen.Recht hat er. H.P.DANIELS

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