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Eintrittskarte für das Berliner Ensemble.

© dpa

Ticketpreise für Berliner Bühnen: Was heißt hier billig, Herr Renner?

Preiskalkulation für die Eintrittskarten für Berliner Bühnen ist eine Wissenschaft für sich: Antworten auf Tim Renners Frage nach Berlins Ticketpreisen.

Billig, günstig, preiswert – wie sind denn nun die Eintrittskarten für die hauptstädtischen Bühnen? Mit seiner Beobachtung, das Berliner Preisniveau läge unter dem anderer Großstädte, hat Kulturstaatssekretär Tim Renner die Gemüter mächtig erregt. Denn auch in Sachen Kaufkraft unterscheiden wir uns ja von München, Frankfurt oder Hamburg. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt in der Hansestadt an der Alster beispielsweise bei durchschnittlich 53 611 Euro pro Jahr, in Berlin bei 30 642 Euro.

Während Renners Verwaltung noch dabei ist, Zahlenmaterial heranschaffen und es so zu ordnen, dass sich daraus tatsächlich eine nachvollziehbare Analyse ergibt, genügt ein Anruf bei den Verantwortlichen in den Berliner Kulturinstitutionen, um festzustellen, wie viele Gedanken man sich hinter den Kulissen bereits heute um eine zumutbare Staffelung der Ticketpreise macht.

„Wir entscheiden für jede einzelne Aufführung in der Saison individuell, welcher Preisgruppe wir sie zuordnen“, sagt Thomas Fehrle, der Geschäftsführende Direktor der Deutschen Oper. „Das hängt vom Wochentag ab, an dem wir das Werk zeigen, vom Bekanntheitsgrad des Stückes oder auch von der Besetzung.“ Bekannte Namen ziehen Publikum, also kann man Abende mit Stars auch teurer verkaufen. „Andererseits“, gibt Fehle zu bedenken, „haben wir auch ein Interesse daran, dass der Saal ausverkauft ist.“ Und das nicht nur, weil dann die Stimmung besser ist. Sondern, weil eben auch die Masse Kasse macht. Dank dieser betriebswirtschaftlich fundierten Mischkalkulation aus Preiserhöhungen und Auslastungssteigerung ist es der Deutschen Oper seit 2009 gelungen, die durchschnittlichen Abendeinnahmen um 43 Prozent zu steigern, auf derzeit 60 000 Euro.

Bis zu 260 Euro für eine Karte bei der Staatsoper

Fehrles Kollege Ronny Unganz von der Staatsoper hat im Prinzip nichts gegen Tim Renners Initiative einzuwenden. Er weiß von einer Studie der Oper Zürich, die tatsächlich einige Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen konnte, die in der Praxis dann zu Mehreinnahmen führten. Gleichzeitig muss sich Unganz wegen der massiv erhöhten Eintrittspreise, die die Staatsoper zu den österlichen Festtagen von Daniel Barenboim verlangt, immer wieder auch Kritik von Politikerseite anhören. Dabei ermöglicht dieses Festival, das vor allem wohlhabende Kulturtouristen anspricht, die bereit sind, bis zu 260 Euro für eine Karte zu bezahlen, die Realisierung andere Projekte der Spielzeit wie Uraufführungen oder Neuinszenierungen weniger bekannter Stücke.

Nur bei Kulturereignissen, die „als unverzichtbar wahrgenommen werden“, verkauft sich der Saal von vorne nach hinten, sagt Stefan Wollmann, der Marketing-Leiter der Berliner Festspiele. Beim Theatertreffen zum Beispiel gehen die teuersten Tickets zuerst weg, weil sich die Leute hier dem „Qualitätsversprechen“ der Veranstaltung vertrauen. Je innovativer die Programme sind, desto mehr kehrt sich die Sache um: Dann gehen erst die günstigen Kategorien weg.

Auf den verlockenden Inhalt kommt es an

So sehr die Veranstalter sich die Köpfe darüber zermartern, welche Preise sich für welchen Abend aufrufen lassen – „letztlich kommt es darauf an, dass die Inhalte verlockend sind“, findet Wollmann. „Sonst denken die Leute nämlich nicht über die Preise nach, sondern über Alternativen.“ Gerade in einem extrem umkämpften Freizeitmarkt wie in Berlin. Die Konkurrenz ist hier so groß, dass Kurzentschlossene fast überall noch an der Abendkasse zum Zuge kommen.

In München übrigens ist das Angebot nicht nur viel kleiner, sondern auch deutlich konservativer. Außerdem gibt es dort die Spezies der Adabeis, also Menschen, die bei keinem Event fehlen wollen. Und von denen kann man tatsächlich fast jeden Preis verlangen.

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