zum Hauptinhalt

Kultur: Töne ohne Tarnkappe

Vermutlich hat Ida Haendel schon längst die Aufnahmebedingungen für das Guinness-Buch der Rekorde erfüllt: Dreiundachtzig Jahre ist die große Dame des Violinspiels mittlerweile alt, und noch immer ist die in den USA lebende Polin unentwegt am Konzertieren und Unterrichten. Die Karriere von Frau Haendel begann vor erstaunlichen 75 Jahren, sie grenzt an ein Wunder, schon allein, weil bei den meisten Geigern im Alter die Finger nicht mehr genug Druck auf die Saiten ausüben können.

Vermutlich hat Ida Haendel schon längst die Aufnahmebedingungen für das Guinness-Buch der Rekorde erfüllt: Dreiundachtzig Jahre ist die große Dame des Violinspiels mittlerweile alt, und noch immer ist die in den USA lebende Polin unentwegt am Konzertieren und Unterrichten. Die Karriere von Frau Haendel begann vor erstaunlichen 75 Jahren, sie grenzt an ein Wunder, schon allein, weil bei den meisten Geigern im Alter die Finger nicht mehr genug Druck auf die Saiten ausüben können.

Aber wer weiß, wie gnadenlos die energische kleine Dame mit sich – ebenso wie mit ihren Schülern – ins Gericht geht, darf sicher sein, dass sie Mozarts A-Dur-Violinkonzert auch spielen kann, wenn sie es aufs Programm setzt. Stilistisch ist die Schülerin des legendären Carl Flesch ohnehin die letzte Verfechterin des alten, puren Stils und vor allem eine leidenschaftliche Gegnerin des pauschalen Vibrato, mit dem heute fast alle Streicher ihren Ton aufblasen – dieser ausschwingende Ton sei, so Haendel, in der Regel nur eine Tarnkappe, um technische Unsauberkeiten zu verschleiern. Klar und rein muss der Ton für Haendel sein, und in etlichen Aufnahmen hat sie dieses Ideal über die Jahrzehnte demonstriert. Das Beethoven-Konzert spielte sie beispielsweise schon als Neunjährige ein – mit einer künstlerischen Souveränität, die weit über wunderkindlichen Instinkt hinausreicht.

Vielleicht haben die schmucklose Klarheit von Haendels Stil und die Ablehnung jeglichen Showgeigertums aber auch dazu beigetragen, dass sie, zumal in Deutschland, nie wirklich populär wurde – dass die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Edition der großen Jahrhundertgeiger ihr gerade einen Platz neben Milstein, Oistrakh und Heifetz eingeräumt hat, ist da immerhin eine kleine Genugtuung. Im Kammermusiksaal spielt Ida Haendel, die in der Ägide Vladimir Ashkenazys öfter mit dem DSO konzertierte, am Montag (20 Uhr) mit einem jungen Kammerorchester namens Kammerphilharmonie Amadé. Und dabei wird sie sicher auch den Tutti-Geigern genau auf die Finger gucken.

Jörg Königsdorf

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false