zum Hauptinhalt

Kultur: Traurig, wie die Liebe ist

WETTBEWERB Pang Ho-cheungs „Isabella“

Von Gregor Dotzauer

Am Ende, wenn ein herzzerreißender Fado „Isabella“ überschwemmt, schließt sich nicht nur ein Kreis. Die letzte Einstellung, eine elegisch an den Rahmen ihrer Wohnungstür gelehnte Yan (Isabella Leong), die um ihren ins Gefängnis entschwundenen Shing (Chapman To) trauert, nimmt die zweite wieder auf. Sie erklärt, was man am Anfang nicht verstehen konnte – und gehört doch zu einer fast kubistischen Perspektive auf das Geschehen: Tausend Wege führen in das jedem Menschen bestimmte Schicksal – aber kein einziger heraus.

So erzählt der Hongkong-Chinese Pang Ho-cheung die inzestuös gefärbte Liebe zwischen dem frustrierten Polizeioffizier und Frauenverschlinger Shing und der halb so alten Schülerin Yan manchmal in Miniatur-Rückblenden, die entscheidende Szenen quasi wiederholen. Manchmal erzählt er sie auch mit großen flashbacks zurück in die Jugend des Protagonisten: beliebig kombinierbare Bausteine einer Geschichte, für deren Helden alles zu allen Zeiten festzustehen scheint. Wenn also zum Schluss die Fado-Sängerin ihre tristeza zu Yans Wehmut gießt, ist das nur eine atmosphärische Bekräftigung – und leider mehr poetisches Design als durchdachte Weltsicht. Pittoresk auch Ort und Zeit des Filmes. „Isabella“ spielt 1999 auf der portugiesisch-chinesischen Halbinsel Macao, im Jahr der Rückgabe an die Volksrepublik China: ein morbider kultureller Zwitter, in dem Kriminalität und Korruption wüten.

„Ist sie eine Frau für eine Nacht oder ist sie seine Tochter?“, fragt das Plakat von „Isabella“ – ein Titel, der sich übrigens auf Yans verschwundenen Hund bezieht. Das Schöne ist, dass Ho-cheung die Antwort weder auf einer rein psychologischen Ebene noch auf der einer DNA-Analyse geben muss, um ein im doppelten Sinn spannungsreiches Verhältnis zwischen den beiden herzustellen. Wie Yan, die meist mit an der Ferse heruntergetreten Turnschuhen durch die Gegend läuft, für Shing zu einem Schlager im Radio singt und tanzt – oder wie die beiden ein Polizeiverhör in privater Angelegenheit inszenieren: Das sind lebendige Szenen in einem Film, der sich ansonsten allzu oft damit begnügt, seine hindrapierten Reize auszustellen.

Heute 9.30 Uhr und 18.30 Uhr (Urania), 22.30 Uhr (International), 19. 2., 18.30 Uhr (Urania)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false