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Kultur: Trippeln, schweben, fliegen

Das Staatsballett Berlin wird romantisch

Von Sandra Luzina

Wann hat man diesen legendären Pas de Quatre zuletzt gesehen? Jules Perrot schuf ihn 1845 für die berühmtesten Tänzerinnen seiner Zeit. Die Erzrivalinnen Marie Taglioni, Fanny Cerrito, Carlotta Grisi und Lucile Grahn zusammen auf die Bühne zu bekommen, war alles andere als leicht. Eine Lithografie hat dieses Gipfeltreffen für die Nachwelt festgehalten. Die glorreichen Vier vom Staatsballett Berlin sind nun Polina Semionova, Nadja Saidakova, Shoko Nakamura und Beatrice Knop. Kniend und auf Spitze balancierend, vereinen sie sich zu einem anmutigen Tableau, um entrückt-verzückt über die Bühne zu schweben oder einander aufs Lieblichste zu umschwirren.

Die romantische Ballerina verkörpert den Traum von der Schwerelosigkeit. In „Glories of the Romantic Ballet“ bieten die bekränzten, tüllumhüllten Damen denn auch einen erhebenden Anblick. Die vier sind ungleich virtuoser als die damaligen Tänzerinnen, sie schwelgen in stilistischen Finessen und erscheinen so überirdisch, als hätte Vladimir Malakhov sie in eine Dematerialisierungsbox gesteckt. Für den neuen Abend des Staatsballetts hat Malakhov, der zwei der Ballette mit einstudiert hat, einige choreografische Raritäten des 19. Jahrhunderts ausgegraben. Eigentlich wollte der bekennende Romantiker ja selbst auftreten in „Le Papillon“, aber auf Anraten seines Arztes schont sich der Tanzstar noch ein wenig. Aber der Abend gehört ja sowieso den Damen. Einst wurden die Spitzenstars von Dichtern besungen, zwischen den Anhängern der leichtfüßigen Koryphäen soll es sogar zu Tätlichkeiten gekommen sein. In der Deutschen Oper sind dagegen nur unisono geseufzte Ohs und Ahs zu hören.

„Le Papillon“ ist eine niedliche Nichtigkeit: das einzige Ballett, das Marie Taglioni selbst choreografiert hat. Iana Salenko mit ihren durchsichtigen Schmetterlingsflügeln verkörpert dieses fragile Geschöpf und betört durch schwirrende Leichtigkeit. Hölzernen Folklorekitsch bietet dagegen das Marketenderinnenballett „La Vivandiere“. Der Abend kulminiert in Petipas „Paquita“.

Das Grand Adagio ist ein Paradestück für das glamouröse Geschwisterpaar Polina Semionova und Dmitrij Semionov. In den Solovariationen kann man zudem eine starke Damenriege bewundern. Überhaupt präsentiert sich das Staatsballett in der Deutschen Oper in Hochform. So ist „Glories of the Romantic Ballet“ bei allem Kitsch ein Abend zum Abheben. Sandra Luzina

Deutsche Oper. wieder am 30. und 31. 1. und 1.2., jeweils 19.30 Uhr

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