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Kultur: Über den Fluss

THEATER

Gilgamesch will ewig leben. Im Mythos kann er noch so viele Kräuter pflücken, die ihn unsterblich machen sollen, eine Schlange frisst ihm einfach alles weg. In Andreas Stadlers Dramatisierung „Gilgamesch & Enkidu“ im Kunsthaus Tacheles (bis 28. März, Do–So) in Berlin lebt der Held weiter. Er schreibt sein Leben in Stein, ein Forscher wird sie finden – und alles nochmals durchmachen. Stadler hat der Geschichte eine Rahmenhandlung verpasst. Irak 1923. Forscher George Smith samt Frau Gertrud und Träger Fattuh suchen und finden einen archäologischen Schatz in einem schwarzen Quader, den Isolde Wittke auf die Bühne gestellt hat: eine Gilgamesch-Tafel.

Sie beginnen zu träumen. Smith wird zu Gilgamesch. Gertrud wird zur Hure Schamhat, die den Tiermenschen Enkidu, ehemals Fattuh, durch Sex zur Zivilisation verführt. Die Schauspieler Patrick von Blume, Roberto Guerra und Rula Badeen wechseln Rollen und Ausdrucksweisen schnell und geschickt wie jene Hosen, die Enkidu zur Menschwerdung erhält. Im Zentrum von Stadlers Inszenierung steht die eindeutige Männerfreundschaft zwischen Gilgamesch und Enkidu. In einem schwitzig-witzigen Ringkampf verkeilen und verbeißen sie sich als Feinde – bis sie sich als Freunde küssen. Ansonsten kaum Tiefes über das Menschsein. Später, nach Enkidus Tod, soll ein Fährmann Gilgamesch zum Weisen Utnapischti (Matthias Habich) bringen. Schnaps saufen ist die Brücke dorthin. Der Weise aber kann nicht weiter helfen. So recht weiß keiner, wohin Gilgameschs Reise führen sollte. Über einige schöne Ideen und Witze wohl wieder nicht in die Unsterblichkeit.

Karl Hafner

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