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Kultur: Überall ist Kaukasus

Aserbaidschan ist neuerdings in aller Munde. Zumindest wissen immer mehr Leute, wo das Erdölland am Kaspischen Meer ungefähr liegt.

Aserbaidschan ist neuerdings in aller Munde. Zumindest wissen immer mehr Leute, wo das Erdölland am Kaspischen Meer ungefähr liegt. Gerade erst spielte die deutsche Nationalelf für die EM-Qualifikation in Baku gegen die Kicker von Aserbaidschan – die von unserem Berti Vogts trainiert werden. Auch Ell & Niki sind einem noch bestens im Ohr, seit ihrem Triumph beim Eurovision Song Contest 2011. Auch Präsident Ilcham Alijew war stolz auf das Duo. Wenn die so weitersingen, dachte man, tritt die Kaukasusrepublik bald der EU bei.

Auf das, was die Aserbaidschaner bei der Kunst-Biennale in Venedig treiben, ist die dortige Regierung aber kein bisschen stolz. Präsident Alijew persönlich kam nach Italien, sah sich den Länderpavillon an und übte – Zensur. Ließ Skulpturen der Künstlerin Aidan Salachowa entfernen, zwei im Eingangsbereich des Palazzo Benzon am Canal Grande postierte Werke. Zuerst waren sie auf präsidiale Anweisung hin verhüllt worden, nun sind sie abtransportiert. Die eine Skulptur, „Waiting Bride“, stellt eine schwarz verhüllte Frau dar, man sieht nur ihre betenden Hände. Die andere zeigt den Schwarzen Stein von Mekka, der sich allerdings in einer wie eine Vagina geformten Marmorschale befindet. Alijew fand, dass beide Werke dem Ansehen des Islam schaden und damit auch seinem islamisch geprägten Land.

Nun protestieren der Kommissar des Pavillons, die Künstlerin und die türkische Kuratorin Beral Madra, die seit vielen Jahren für das Istanbul-Stipendiatenprogramm des Berliner Senats verantwortlich ist. Da es zu dem Vorgang keine offizielle Erklärung seitens der Regierung gibt, kann die Biennale-Leitung ihrerseits nicht offiziell reagieren, so deren Sprecherin. Wieso eigentlich nicht? Kulturell rückt Aserbaidschan gerade wieder weit weg von Europa – und erntet bürokratisch vorschriftsmäßiges Schweigen. Letzte Meldung: Die Dänen regen sich über den deutschen Künstler Thomas Kilpper auf, der es den Besuchern des dänischen Pavillons gestattet, munter auf Politiker-Linolschnitten herumzulaufen. Der Pavillon ist dem Thema Meinungsfreiheit gewidmet.

Christiane Peitz sorgt sich um mutige Kunst in Venedig

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