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Kultur: Ulrike Neuß und Douglas Rathgeber verkaufen in ihrem Geschäft "Up-arts" handverlesenen asiatischen Schmuck

"In vielen Kulturen schrieb man Steinen eine bestimmte Wirkung zu. Schmuck wurde erfunden, um die Steine am Körper tragen zu können und so von ihren positiven Eigenschaften zu profitieren", sagt Ulrike Neuß.

Von Susanna Nieder

"In vielen Kulturen schrieb man Steinen eine bestimmte Wirkung zu. Schmuck wurde erfunden, um die Steine am Körper tragen zu können und so von ihren positiven Eigenschaften zu profitieren", sagt Ulrike Neuß. Der dunkelblaue Lapislazuli mit seinen goldenen Sprenkeln wie Sternenstaub galt beispielsweise als Symbol für die Erhellung des Geistes, man schrieb ihm heilende und reinigende Kräfte zu. Im alten Ägypten und den antiken Kulturen des gesamten asiatischen Raums und Mexikos wurde er vor Tausenden von Jahren als heiliger Stein verehrt.

Es mag Einbildung sein, aber noch ohne diese Details zu kennen, fühlt man sich bei "Up-arts" von spirituellen Dingen umgeben. In dem kleinen Laden, den Ulrike Neuß gemeinsam mit ihrem kanadischen Ehemann Douglas Rathgeber betreibt, schimmern hinter Glastüren heller Regenbogenmondstein und dunklerer Labradorit, grüner Peridot, Obsidian, Achat und Iolid, roter Granat, Karneol und Rubin, blauer Lapislazuli, gelblicher Zitrin, Fächer- und Schaumkoralle, Perlen, Turmalin, Türkis und Bernstein. Bei weitem der meiste Schmuck ist aus verziertem oder glatt poliertem Silber, es gibt aber auch eine Vitrine mit filigranen Goldschmiedearbeiten. Von den oberen Regalfächern lächeln Buddha-Figuren, auf Schränken thronen Idole aus dunklem Holz, an der Wand hängen Masken, Schilde und ein schlankes "Ahnenboot" aus Papua-Neuguinea. Aus einem Stück geschnitzt stehen und sitzen ein halbes Dutzend mit Paddeln ausgestattete Figuren darin, die einem ungewissen Ziel entgegenfahren.

Ulrike Neuß und Douglas Rathgeber haben sich auf Reisen kennengelernt; ihr Interesse für Schmuck wurde über die Beschäftigung mit Antiquitäten geweckt. Ende der 80er Jahre begannen sie, ihre Schätze auf dem Markt an der Straße des 17. Juni zu verkaufen. Das Geschäft in Schöneberg eröffneten sie vor fünf Jahren - direkt neben dem Designergeschäft Chiton, deren Inhaber Friederike und Robert Jorzig zufällig alte Standnachbarn vom Markt sind.

Es ist erstaunlich, was "Up-arts" in zwei kleinen Räumen alles beherbergt, ohne vollgestopft zu wirken. Auf Regalen stehen geflochtene Schachteln und winzige emaillierte Döschen, liegen und hängen schwere Ketten aus Glasperlen, über und über mit Muscheln bestickte Gürtel, Armbänder und Fußketten; an Stangen sind Ohrringe aufgereiht, es gibt farbig gemusterte Tücher, Haarkämme aus Horn, Holz oder Bein, Ringe, Anhänger, Halsketten, Amulette - unmöglich, alles aufzuzählen.

Doch die Fülle ist nicht beliebig. Mit dem üblichen indischen Schmuck, den der Großhändler nach Gewicht verkauft, hat das hier nichts zu tun - und trotzdem sind die Preise bemerkenswert moderat. Die Stücke stammen vorwiegend aus asiatischen Ländern, in denen Schmuck von Hand gefertigt wird, von Turkmenistan bis Papua Neuguinea, von Nepal quer über den indischen Subkontinent bis Sumatra. Alles ist persönlich ausgesucht, ein Teil neu gefertigt, gelegentlich auch im Auftrag von "Up-arts" wie etwa die flachgeschliffenen Schnecken, die aus Indonesien stammen und von einem indischen Silberschmied zu Anhängern verarbeitet wurden. Ein anderer Teil des Sortiments besteht aus sorgfältig nachgestalteten Repliken. Und in einem großen Schrank im hinteren Zimmer befinden sich die alten Stücke.

Ganz offensichtlich hängt das Herz der Besitzer besonders an diesem Teil ihres Geschäfts. Was sie im Laden verkaufen, haben Ulrike Neuß und Douglas Rathgeber auf ihren Reisen durch Asien entdeckt, die sie zwei bis drei Mal im Jahr unternehmen - meistens allein, denn einer muss schließlich im Laden bleiben. Umgekehrt kommt es auch häufig vor, dass sie im Auftrag bestimmte Stücke suchen. "Manche Sammler spezialisieren sich auf bestimmte Schmuckstücke, zum Beispiel auf Armreifen oder Amulette. Da etwas Besonderes ausfindig zu machen, ist spannend." Der Handel mit Elfenbein und geschützten Muschel- oder Holzarten ist für "Up-arts" jedoch tabu.

Im Gegensatz zum filigranen Goldschmuck sind die alten Schmuckstücke in der angemessen schweren Vitrine groß und in ihrer archaischen Ausdruckskraft den geschnitzten Idolen vergleichbar. Kreolen von neun Zentimetern Durchmesser, Halsschmuck, an dem Münzen und Anhänger prangen, schwere Armreifen: "Schon ein junges Mädchen trägt in manchen Kulturen mehrere Kilo Schmuck mit sich herum." Das ist ihre Aussteuer, ein ganz konkreter Wert, der zur Not auch verkauft werden kann. Abgelegt wird er selten, denn Tresore oder Stahlkassetten gibt es schließlich nicht.

An jedem einzelnen Stück hängt eine Geschichte, die bezeichnenderweise nicht von einem Individuum handelt, sondern von den Traditionen eines bestimmten Stammes oder einer Region. Asien besitzt eine uralte Silber- und Goldschmiedetradition, denn auch heute noch wird etwa als Hochzeitsschmuck kein modernes Design gebraucht, sondern das, was die Herkunft der Braut vorschreibt. Auch der neue Schmuck aus dem asiatischen Raum basiert zum großen Teil auf alten Formen. Und das, findet Ulrike Neuß, ist gut so: "Alte Dinge sind so ausgefeilt und ausgewogen, da kann neues Design selten mithalten."Up-arts, Goltzstraße 12 (Schöneberg). Montag bis Freitag 11 Uhr bis 19 Uhr, Sonnabend 11 Uhr bis 16 Uhr.

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