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Kultur: "Un Amore": Alles für einen

Lustlos blättert die Frau in einem Buch. Ein Mann betritt das Geschäft, tickt ihr auf die Schulter, sie dreht sich um.

Lustlos blättert die Frau in einem Buch. Ein Mann betritt das Geschäft, tickt ihr auf die Schulter, sie dreht sich um. Ihre Augen beginnen zu leuchten, das Gesicht zu strahlen. Die beiden umarmen sich. Ein Wiedersehen nach jahrelanger Trennung. "Gut siehst du aus", sagt der Mann. "Du auch", antwortet die Frau. Die beiden waren einmal ein Paar und das spürt man: Sie sind einander fremd geworden und doch vertraut geblieben. Der Mann reagiert fassungslos auf die Ankündigung der ehemaligen Geliebten, dass sie schwanger ist. Wie kann sie nur von einem anderen ein Kind erwarten? Auch sie wünscht, ihre einzige große Liebe - und nicht ihr Ehemann - wäre der Vater des ungeborenen Kindes. "Warum hast du diese Macht über mich, porca puttana?!" flucht sie verzweifelt.

Marco (Fabrizio Gifuni) und Sara (Lorenza Indovina) lieben und betrügen, vermissen und beschimpfen sich zwanzig Jahre lang, sie heiraten andere und können einander doch nicht vergessen. Gianluca Maria Tavarelli zeigt Marco und Sara in seinem zweiten Film in zwölf Episoden, zwischen denen Jahre oder sogar Jahrzehnte liegen. Sara und Marco mieten für ihre Rendezvouz ein Appartment und versuchen krampfhaft, ein Eheleben zu inszenieren. In der Wohnung sind wie auf einem Altar die Reliquien aus der gemeinsamen Studentenzeit aufgestellt, einer Zeit,in der sie tatsächlich ein Paar waren. Tavarellis Protagonisten wiederholen in einem fort, sie hätten sich ihr Leben so nicht gewünscht - aber schließlich könne man es sich nicht aussuchen. Das macht den Film zu einem - sehenswerten - Appell: Auch in der Liebe muss man sich entscheiden. Um nicht wie Marco mit Mitte 40 sagen zu müssen, man habe "ein Leben mit angezogener Handbremse" gelebt.

Denise Dismer

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