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Foto: Warner

© dpa

Kultur: Und plötzlich Papa

Imperfekt: die Komödie „Der fast perfekte Mann“.

Nicht-Vätern ein – oft unerwünschtes – Kind unterzuschieben, ist seit Stummfilmzeiten gängiges komödiantisches Geschäft. Dass das auch im aktuellen deutschen Kino bestens funktioniert, hat Til Schweigers Millionen-Hit „Kokowääh“ demonstriert. Verständlich, dass da auch Produzent Nico Hofmann mit seiner Ufa Cinema nicht hintanstehen will und nunmehr Benno Fürmann (unübersehbar schweigerianisierend) als bindungsunwilligen Single in die plötzliche Fast-Vaterschaft schickt.

Aus Henry wurde dabei Ulf, aus einem schlechten Drehbuchautor ein schlechter TV-Moderator – und statt der unbekannten Tochter steht jetzt der Sohn einer bei einem Unfall schwerst verletzten fernen Halbschwester vor der Tür. Der will unbedingt bei seinem Onkel unterkommen, obwohl der von Kindern nichts hält und soeben die Freundin zur Abtreibung gedrängt hat. Und auch die grau bis schwarz durchgestylte Junggesellenwohnung ist zur artgerechten Kinderaufzucht kaum geeignet. Die Sozialarbeiterin, die mit dem Knaben vor der Tür steht, stört das ebenso wenig wie Ulfs offensichtliche erzieherische Unfähigkeit.

So hanebüchen wie diese Prämisse sind auch viele Wendungen in einem Film, dessen Scharniere so nervtötend quietschen, dass nicht nur Realismusfetischisten sich schütteln dürften. Größter Glücksgriff ist dabei noch Jördis Triebel, die selbst der undankbaren Rolle als Ulfs tränenreicher Ex noch Leben einhaucht. Die autonome Entwicklung des kleinen Neffen (Tom Sawyer Louis Hofmann) dagegen wird vom Drehbuch rabiat der propagierten Neu-Familienbildung geopfert. Dabei tendiert der als romantische Komödie ausgewiesene Film auch kräftig Richtung Melodram.

Der Rest ist Fernsehkonfektion. Das ist nicht nur wegen der vergeudeten Fördergelder bitter. Sondern auch, weil Regisseurin Vanessa Jopp einst mit „Vergiss Amerika“ (2000) zu den Hoffnungen des deutschen Films zählte. 2006 bewies sie mit „Komm näher“ noch einmal Sinn für die Feinzeichnung von Atmosphäre und Figuren. Im jüngsten Film ist davon nichts mehr zu sehen – symptomatisch für das deutsche Kino, das seine Begabungen in den Mühlen routinierter Mainstream-Unterhaltung verschleißt. Silvia Hallensleben

Cinemaxx, Cinemotion Hohenschönhausen, UCI Friedrichshain

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