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Kultur: Unter der Lupe

Die Friedenauer Kammerkonzerte leben wieder.Nachdem die HdK die Räume in der Isoldestraße im Zuge ihrer Sparmaßnahmen aufgeben mußte, sprang eine private Sponsorin in die Bresche.

Die Friedenauer Kammerkonzerte leben wieder.Nachdem die HdK die Räume in der Isoldestraße im Zuge ihrer Sparmaßnahmen aufgeben mußte, sprang eine private Sponsorin in die Bresche.Mit dem Londoner Lautenisten Nigel North war nun auch ein Gastkünstler der ersten Stunde wieder zur Stelle, der seit einer ersten Rettungsaktion vor fünf Jahren das Profil der Konzertreihe maßgeblich mitgeprägt hat.Für einen Lautenisten ist solch Engagement kaum verwunderlich, gibt es doch nur wenige öffentliche Räume in der Stadt, die die feinen Schattierungen des im wörtlichen Sinne kammermusikalischen Instruments in dieser Intimität an das Ohr des Hörers tragen.Auch sein Programm rief glanzvolle Zeiten der Lautenmusik in Erinnerung: mit einer Auswahl aus der Sammlung "A Varietie of Lute-Lessons", die Robert Dowland, Sohn des bedeutendsten englischen Lautenisten John Dowland, 1610 in London herausgegeben hatte, knüpfte North an ein kleines Lautenfestival 1995 am selben Orte an.

Stupend ist immer wieder, wie Nigel North die Vielschichtigkeit dieser überdifferenzierten Höflingskunst der Renaissance in seinem Spiel artikulatorisch aufzufächern versteht.Beim ersten, unvorbereiteten Hören könnten dem Laien alle diese größeren und kleinen Tanz- und Charakterstücke gleich melancholisch erscheinen.Melodien, Machart, Aufbau und Charakter der einzelnen Tänze müßten dem ungeübten Ohr ein Rätsel bleiben, egal ob es sich um fröhlich hüpfende Galliarden, würdig einherschreitende Pavanen oder um den deutschen Mittelweg der Almainen handelt.

North jedoch vermag diesen musikalischen Mikrokosmos präzise auseinander zu dividieren und mit Stimmungsnuancen aufzuladen wie wenige.Er verdeutlicht die polyphonen Einsätze in "Sir John Smith, his Almain", kostet die raffinierte Modulation einer Pavane von Thomas Morley aus, taucht die aufregende Fantasie eines anonymen "Knight of Lute" in düsterstes Licht.Mit schnarrendem Fortissimo schärft North unser Ohr für die schmerzlichen Töne in der zärtlichen Pavane des Landgrafen Moritz von Hessen, lichtet den dichten chromatischen Satz von Gregorius Huwets Fantasie mit farblich herausgehobenen Basstönen auf und zeigt sich schließlich in Dowlands "The Earl of Essex, his Galliard" als Meister des virtuosen Passagenwerks.

Das höfische Repertoire der Lautenmusik wird in diesem Kammerkonzert auf faszinierende Weise unter die Lupe genommen.Nur für die von North selbst vorgetragenen kostbaren Lautenlieder von Campion, Ferrabosco II.und Rosseter hätte man sich einen ausgebildeten Sänger gewünscht.Eine Anregung für die Zukunft vielleicht.

BORIS KEHRMANN

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