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Table Dance. Das Béjart Ballett Lausanne mit Polina Semionova.

© Lauren Pasche

Polina Semionova: Verführung ist alles

Ekstase, Ovationen: Polina Semionova tanzt bei ihrem Berlin-Comeback im Tempodrom Maurice Ravels „Boléro“.

Von Sandra Luzina

Erst nach und nach rückt sie ins Licht. Zuerst sieht man nur, wie sie den Arm langsam hebt, wie sie sich mit der Hand über Brust und Hüfte streicht. Zu dem federnden Trommel-Rhythmus von Maurice Ravels „Boléro“ schält sich schließlich eine Tanzgöttin aus dem Bühnendunkel: Polina Semionova.

Das Berlin-Comeback der Star-Ballerina war perfekt inszeniert. Nur einen Abend tanzte sie mit dem Béjart Ballet Lausanne – als Solistin des „Boléro“. Das 1961 entworfene Ballett ist eines der berühmtesten Werke des Choreografen Maurice Béjart und auch mehr als 50 Jahre nach seiner Entstehung immer noch eine Zugnummer. Denn es gilt als eines der erotischsten Ballette der Tanzgeschichte.

Maurice Béjarts Choreografie mutet fast wie eine Blaupause für die Bühnenshows von Pop-Queens wie Madonna oder Lady Gaga an: Denn die erhöht platzierte Frau in der Mitte wird umringt von 40 gut gebauten Männern mit nackten Oberkörpern. Im Tempodrom sind es 20 Tänzer des Béjart Ballet Lausanne sowie 20 Herren des Staatsballetts Berlin, die der Ballerina huldigen. Vornübergebeugt sitzen sie auf den Stühlen im Hintergrund, heben dann langsam den Blick, um die Tänzerin fortan nicht mehr aus den Augen zu lassen.

Polina Semionova auf dem roten runden Tisch schlägt sie alle in den Bann. Sie braucht sich gar nicht betont lasziv zu bewegen und entfaltet doch eine magnetische Anziehungskraft, der immer mehr Männer erliegen. Béjart hat sein Stück von aller Folklore gereinigt – sein „Boléro“ ist der pure Akt der Verführung. Das Stück, dass so simpel anfängt, verlangt der Interpretin eine große Musikalität ab. Denn sie verkörpert die Melodie und markiert gleichzeitig mit den Füßen den Rhythmus, den auch die Männer mit synchronen Bewegungen verstärken.

15 Minuten Ekstase – Polina Semionova mit ihrer makellosen Technik dosiert ihre Energie genau. Sie lockt, stachelt die Menge auf und scheint doch unerreichbar. Das Orchester der Deutschen Oper bringt das lange Crescendo gut zur Geltung, auch wenn eine Flöte ziemlich schrill klingt. Semionova wiederholt, insistiert und steigert die Spannung bis zum Höhepunkt, bei dem sich alle Form auflöst. Die Männer liegen ihr erst zu Füßen und begraben sie schließlich unter einer Woge von Leibern. Kaum ist die Musik in sich zusammengestürzt, bricht ein gewaltiger Jubel los. Polina Semionova ist zurück – und die Berliner feiern ihre Heimkehr mit Ovationen. Die Liebesgeschichte geht weiter.

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