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Kultur: Verpeilt, verstrahlt

Starke Titel haben die Freunde von „Friendly Fire Films“ raus. Auch die Finanzierungsidee für ihr satirisches Filmprojekt Bugdad ist ein origineller basiskapitalistischer Ersatz für die gestrichenen Steuersparmodelle.

Starke Titel haben die Freunde von „Friendly Fire Films“ raus. Auch die Finanzierungsidee für ihr satirisches Filmprojekt Bugdad ist ein origineller basiskapitalistischer Ersatz für die gestrichenen Steuersparmodelle. Für nur 20 Euro lässt sich bei „Frames for Film“ (www.bugdad.com) ein so genannter Frame-Anteil kaufen. Auch die „Bugdad“-Erlöse sollen in neue Filmprojekte fließen. Der Film selbst lässt sich naturgemäß noch nicht bestaunen. Der Plot – amerikanische Marines werden versehentlich statt in Bagdad in Berlin abgesetzt – lässt ordentlich Lokalprovinzialismus vermuten. Zur ersten Annäherung bietet sich eine Kurzfilmreihe an, die wöchentlich mit Themenabenden im Nickelodeon für „Bugdad“ wirbt. Morgen geht es um „Fremdsein in Deutschland“.

Imaginierte Fremdkörper im Paris der 1910er-Jahre waren die „Vampire“, eine geheimnisvolle Verbrecherbande, die in Louis Feuillades zehnteiligem Episodenfilm ihr Unwesen treibt. Besonders ihre Anführerin Irma Vep (Musadora) wirkt in ihrem schwarzen Ganzkörpertrikot cooler als alle späteren Catwomen zusammen. Das Arsenal zeigt Les Vampires (1914) in fünf Doppel-Programmen: Heute ist mit „Der abgeschnittene Kopf/ Der Ring, der tötet“ noch einmal der Auftakt zu sehen, am Sonntag begleitet Arsenal-Hauspianistin Eunice Martins die nächsten beiden Episoden am Klavier. Feuillades Film fasst die soziale Gefährdung der bürgerlichen Ordnung in Bilder unglaublicher Verbrechen.

In den Jahrzehnten darauf werden die Bedrohungen abstrakter, die Bilder fantastischer. So reflektieren die mutierten Monster der Fünfziger die atomare Bedrohung ebenso wie die Parallelzonen der folgenden Jahrzehnte. Seit 1986 gibt es solch eine Zone ganz real im ukrainisch-weißrussischen Grenzgebiet: In ihrem Zentrum liegt Pripyat, früher ein Städtchen von 50 000 Einwohnern, seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl eine gesperrte Geisterstadt. Der österreichische Dokumentarfilmer Nikolaus Geyrhalter ist dennoch mit der Kamera dorthin gereist, und er hat Menschen gefunden, die entweder zu arm oder zu eigensinnig waren, ihren Heimatort zu verlassen. Wie lebt es sich in einer Stadt, die offiziell nicht existiert? Pripyat läuft am Freitag ebenfalls im Arsenal als erster von vier Dokumentarfilmen, die die Folgen des Unfalls vom 26. April 1986 ins Blickfeld rücken. Das Thema hat eine lange Halbwertzeit.

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