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Kultur: Viel mehr Meer

Theaterschiffe, Adelspaläste und vernetzte Museen: Genuas Pläne als Europas Kulturhauptstadt 2004

Genua liegt wie ein über dreißig Kilometer schmaler Halbkreis zwischen Bergen und dem ligurischen Meer. Obwohl die italienische Riviera seit dem 19. Jahrhundert als elitäres Reiseziel ausgesprochen beliebt ist, verbinden die meisten Gäste mit Genua eher den großen Hafen, wo die Fähren nach Sardinien, Korsika, Sizilien, Spanien und Tunesien ablegen. Die Silhouette der Stadt, die von dem riesigen Bühnenturm des 1991 wieder eröffneten Opernhauses „Carlo Felice“ dominiert wird, macht jedoch deutlich, dass Genua auch kulturell einiges zu bieten hat.

Die Stadt mit 630 000 Einwohnern, mildem Klima und Europas größtem mittelalterlichen Stadtkern will sich als „Tor zum Mittelmeer“ positionieren. Wenn Genua zusammen mit der französischen Stadt Lille im nächsten Jahr stolz den Titel „europäische Kulturhauptstadt 2004“ tragen wird, möchten die Organisatoren die Gelegenheit nutzen, die kulturelle und städtebauliche Infrastruktur der Stadt nachhaltig aufzubessern. Über 200 Millionen Euro investiert die Kommune in die Projekte, die von einer neuen Erschließung der Museen bis zur Sanierung von Straßen und Plätzen reichten. Entlang der Via Garibaldi soll mit der Neueröffnung von drei Adelspalästen ein Museumsquartier entstehen. Alle Genueser Ausstellungshäuser präsentieren sich anlässlich des Kulturjahrs als „Netzwerk der Museen“: Eine gemeinsame Eintrittskarte gibt Zutritt zu allen Museen. Im Rahmen der Ausstellung „Rubens’ Zeitalter“ werden auch verschiedene private Kunstsammlungen in ehemaligen Patrizierpalästen erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Seeseite der Stadt, die Via Gramsi, soll nach Plänen des spanischen Architekten Oriol Bohigas nach Barceloneser Vorbild neu gestaltet werden, um die Lage der Stadt am Meer besser spürbar zu machen. Eine städtebauliche Rundumerneuerung erwartet das Gebiet zwischen dem Hauptbahnhof und der Piazza de Ferrari. Ein neuer Straßenbelag und eine ausgefallene Beleuchtung sollen schon zur Eröffnung des Kulturjahres im Januar fertig gestellt sein. Ebenfalls schon zu Neujahr soll ein großes Theaterschiff vor Anker gehen, das den Genuesern und ihren Gästen einen Vorgeschmack auf das Kulturprogramm des Jahres gibt.

Architektur- und Städtebauprojekte bilden einen Schwerpunkt des Kulturprogramms 2004: Der Neubau der Museen für Meereskunde und Schifffahrt („Musei del Mare e della Navigazione“) von Guillermo Vazquez Consuegra in den Darsena-Dockyards ist nur der spektakulärste Plan. Der spanische Architekt wird eines der ältesten erhaltenen Gebäude aus dem 17. Jahrhundert im Galata-Quartier zum Museum umbauen. Consuegra wird den wertvollen Altbau auf drei Seiten mit neuen Fassaden versehen und innen Platz für ein vierzig Meter langes Schiff schaffen.

Der Genueser Kunstkritiker Germano Celant wird eine große Ausstellung mit dem Titel „Kunst und Architektur 1900–2000“ kuratieren, die im September im berühmten Palazzo Ducale eröffnet wird. Erstmals wird hier miteinander konfrontiert, was Künstler in der Architektur und Architekten in den Künsten vollbracht haben. Neben zwei Teilen im Palazzo wird es einen dritten Teil in der Stadt geben.

Im Herbst wird im Hafen eine Ausstellung eröffnet, die den städtebaulichen Wandel Genuas in den Kontext anderer Städte stellt. Die Schau mit dem Titel „Urban Regeneration“ wird von Oktober bis Dezember im Porto Antico zu sehen sein.

Der „Alte Hafen“, den Renzo Piano umgebaut hat, ist heute mit seinen Kinos, Läden, Bars, einer Kongresshalle, Europas größtem Aquarium und der „Cittá dei Bambini“ ein kultureller und touristischer Anziehungspunkt geworden. Renzo Piano, der mit der Neugestaltung des Potsdamer Platzes auch einen starken Beitrag zum neuen Berlin geleistet hat, gilt heute schon neben Christoph Columbus und dem Violinisten Niccolo Paganini als berühmtester Sohn der Stadt.

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