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Kultur: VOR - Babel & Co

Die meisten Leute wollen gern hoch hinaus.Sie lieben Türme und Kuppeln und alles, was die schwindelerregende Illusion des Überblicks verschafft, eben diesen herrlichen Gottesblick von weit oben, der alles unter sich zusammenfaßt.

Die meisten Leute wollen gern hoch hinaus.Sie lieben Türme und Kuppeln und alles, was die schwindelerregende Illusion des Überblicks verschafft, eben diesen herrlichen Gottesblick von weit oben, der alles unter sich zusammenfaßt.Bekanntlich ist auch die Vielfalt der Sprachen auf ein solches Streben nach oben zurückzuführen.Die menschliche Anmaßung, einen Turm in den Himmel zu bauen, bestrafte ein herrischer Gott, indem er den Bauleuten die Worte verwirrte.Auf die Dauer freilich hat das die Menschen nicht gehindert, ihren jeweiligen Herrgöttern auf die Pelle zu rücken.Überall in der Weltgeschichte stehen gewaltige Türme herum, einer höher als der andere.Auf einen dieser Türme, den Sears Tower in Chicago, kann man heute abend um 20 Uhr im Literaturforum im Brecht-Haus mit Wilhelm Bartsch (Text), Bernd Born (Saxophon) und Peter Koch (Cello) hinauffahren.

Mitunter geht es aber auch in den Keller.Morgen abend zum Beispiel, wenn ab 21 Uhr Peter O.Chotjewitz im Buchhändlerkeller aus seinem neuen Roman "Das Wespennest" liest: "Am Ersten Mai 1933 marschierten Gewerkschaften und Nazis noch gemeinsam durch das Städtchen, das in einem dicken Stadtmauerring mit stämmigen Türmchen steckte, wie Mutter im Mieder..." Worum es im "Wespennest" geht, ist nicht ganz einfach zu erklären.Zum Glück gibt es ein Inhaltsverzeichnis mit insgesamt 66 Kapiteln.Eine Auswahl? Bitte sehr: "Der Pickel des Patriarchen", "Die Welt ist alles, was der Abfall ist", "Das Schloß ist fruchtbar noch", "Ein Unglück kommt selten zu zweien", "Die Liebenden und die Toten".Man sieht, die Kalauerfrequenz ist ziemlich hoch.Wollen Sie noch wissen, wie das Buch aufhört? Wirklich? Na, ich kann ja auch nichts dafür.Es hört so auf: "Endmoräne du Spiegelei".

Was wissen wir über Afrika? "In der nördlichen Hemisphäre gibt es viele Leute, die glauben, Afrika liege am Meer und dort herrsche ein heißes, ein unerträgliches Klima.In aller Regel seien die Menschen schwarz, glauben die Leute oft, und die Mehrzahl der Afrikaner, wie sie dort unter der glühenden Sonne ackerten, hätten die meiste Zeit Hunger." Aber: "Es ist nicht nur dieses Afrika, das es nicht gibt.Afrika gibt es zunächst und vor allem in Afrika nicht." Diese Sätze stammen aus Georg Brunolds hervorragendem Reportagenbuch "Afrika gibt es nicht".Wenn man sich für den sogenannten "schwarzen Kontinent" interessiert, kann man am Dienstag um 19 Uhr in der Staatsbibliothek (Haus 2, Potsdamer Str.) einen Vortrag von V.Y.Mudimbe aus Zaire hören.Er spricht über die Konflinkte zwischen afrikanischer Tradition und europäischem Einfluß.

Das spielt auch im "Jahrhundert-Buch" dieser Woche eine große Rolle."Ibadan.Streunerjahre" ist sein Titel und es stammt von dem nigerianischen Schriftsteller Wole Soyinka, der 1986 als erster Afrikaner den Literaturnobelpreis erhielt."Ibadan" ist ein autobiographischer Roman über Soyinkas afrikanische Schul- und europäische Studienzeit.Ein schönes, sarkastisches, mitreißend optimistisches Buch.In der "New York Times" hieß es einmal über Wole Soyinka, man solle sich einen Nabokov vorstellen, der in einer nigerianischen Kleinstadt aufgewachsen sei und sich für die Politik entschieden habe.

Womit wir in der Zielgeraden wären: Morgen um 20 Uhr spricht im Literaturhaus der Nabokov-Biograph Brian Boyd.

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