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Kultur: VOR - Sotto voce

Es passiert nicht oft, daß das kleine Potsdam Berlin in Sachen Musikleben den Rang abläuft. Genauer gesagt, immer nur einmal im Jahr, wenn zu den Potsdamer Musikfestspielen erstklassige Barock-Ensembles und Solisten die Preußenresidenz besuchen.

Es passiert nicht oft, daß das kleine Potsdam Berlin in Sachen Musikleben den Rang abläuft. Genauer gesagt, immer nur einmal im Jahr, wenn zu den Potsdamer Musikfestspielen erstklassige Barock-Ensembles und Solisten die Preußenresidenz besuchen. In diesem Jahr ist das Staraufgebot größer denn je, Kammerorchester wie "Giardino Armonico", "I Solisti Veneti" und "Tafelmusik" zeigen die stilistische Bandbreite, auf der heute Barockmusik gespielt wird. Etliche der Potsdamer Konzerte sind bereits ausverkauft - ein Hinweis darauf, daß die Musikfestspiele auch in Berlin ein Publikum besitzen. Für diejenigen, die den Weg nach Potsdam und vor allem die nächtliche Rückwegs-Odyssee mit öffentlichen Verkehrsmitteln scheuen, gibt es in dieser Woche immerhin einen Appetithappen in Berlin: "Italienische Karnevalsmusiken" des 16. und 17. Jahrhunderts in der Goldenen Galerie des Charlottenburger Schlosses, gespielt vom Pythagoras-Ensemble unter Thomas Hengelbrock. Hengelbrock hat sich in den letzten Jahren mit dem Freiburger Barockorchester in die erste Reihe der Alte-Musik-Interpreten gespielt und hat in Berlin unter anderem die von den Schwetzinger Festspielen übernommene Produktion von Francesco Cavallis Barockoper "La Didone" im Hebbel-Theater dirigiert. Beide Veranstaltungen am Sonnabend und Sonntag sind allerdings schon so gut wie ausverkauft. Mutigen bleibt nur, vor der Abendkasse auf zurückgegebene Karten zu hoffen.

Der berühmteste Alte-Musik-Interpret, der in dieser Woche in Berlin zu Gast ist, widmet sich dagegen eher ungewöhnlichem Repertoire: Zusammen mit den Wiener Philharmonikern wird sich Nikolaus Harnoncourt in einem Open-Air-Konzert auf dem Bebelplatz dem vor hundert Jahren verstorbenen Johann Strauß widmen. Auf CD hatte Harnoncourts schroffe Herangehensweise schon die großen Konzertwalzer in die Nähe sinfonischer Dichtungen gerückt und für eine gegen den Strich gebürstete "Fledermaus" gesorgt. Man darf gespannt sein, was aus seiner Konfrontation mit dem Neujahrskonzert-gestählten Traditions-Strauß-Klang des Wiener Edelorchesters für Funken schlagen werden ( 11.6.).

Es mag überraschen, daß Harnoncourts Name in der Diskussion um die Abbado-Nachfolge bei den Berliner Philharmonikern bislang überhaupt nicht aufgetaucht ist - obwohl der gebürtige Berliner einer der regelmäßigsten Gastdirigenten des Orchesters ist. Spekuliert wird dennoch genug, jeder der in diesen Tagen ein Konzert mit den Philharmonikern gibt, gilt als "im Rennen". In dieser Woche ist die Reihe an Hamburgs Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher, einem der Shooting-Stars der letzten Jahre. Metzmacher hat allerdings nur Außenseiter-Chancen, wohl auch, weil sich sein künstlerisches Profil vor allem über die Musik des 20. Jahrhunderts definiert. In seinem Konzert in der Philharmonie versucht er, seine Kompetenz auch für das klassische Repertoire unter Beweis zu stellen und koppelt Beethovens siebte Sinfonie mit der siebten von Karl Amadeus Hartmann. Die Gesamteinspielung der Hartmann-Sinfonien ist Metzmachers bislang vielleicht bedeutendste CD-Einspielung und hat maßgeblich dazu beigetragen, diesen Klassiker der Moderne wieder ins Rampenlicht der Konzertsäle zu rücken. Für die drei Konzerte am 14., 15. und 16. Juni gibt es sogar noch Karten.

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