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Kultur: Vorschau: Schreibwaren

Die USA betrachten die deutschen Kontakte zu dem "Schurkenstaat" Iran seit Jahren mit Irritationen. Sie dürften sich nach den Anschlägen vom 11.

Die USA betrachten die deutschen Kontakte zu dem "Schurkenstaat" Iran seit Jahren mit Irritationen. Sie dürften sich nach den Anschlägen vom 11. September nicht wesentlich vermindert haben. Wenn nun auf Einladung des Goethe Instituts drei iranische Autoren in München und Berlin Station machen, dann bekräftigt die deutsche Kulturpolitik einmal mehr, dass sie andere Akzente zu setzen vermag als die transatlantischen Freunde. Der Dialog der Kulturen tritt den vorsichtigen Warnungen der Bundesregierung an die USA zur Seite, keine weiteren islamischen Staaten anzugreifen.

Geschuldet aber ist der Besuch zunächst den Geboten der Gastfreundschaft: Im letzten Jahr reisten Hans Magnus Enzensberger, Adolf Muschg und Raoul Schrott durch den Iran. Staunend und ein wenig neidisch berichteten sie von der innigen Vertrautheit der Menschen mit den Dichtungen des im 14. Jahrhundert lebenden Hafis, dessen "Divan" Goethe begeisterte und zum "West-Östlichen Diwan" inspirierte.

Solche Erfahrungen dürften Ferehsteh Sari, Djavad Modjabi und Mahmud Doulatabadi hierzulande erspart bleiben: Mit Goethe beginnt kaum jemand den Tag. Immerhin ist Doulatabadi Interessierten nicht ganz unbekannt: Vor Jahren faszinierte er mit Auszügen aus seinem 3000 Seiten-Romanepos "Kelidar" im Haus der Kulturen der Welt. Dort wird sich Mahmud Doulatabadi am 13.3. mit Hans Magnus Enzensberger unterhalten (19 Uhr). Zwischen ihnen sitzt als Moderator Bahman Nirumand, der seine Heimat Persien 1965 und erneut 1982 verlassen musste.

Am Abend zuvor lesen Ferehsteh Sari und Djavad Modjabi im Goethe Institut aus ihren Werken (12.3., 19 Uhr), bevor sie sich mit Nirumand und Lucien Leitess unterhalten. Leitess ist als Leiter des verdienstvollen Zürcher Unionsverlags, wo neben den Büchern von Doulatabadi auch jene von Assja Djebar und Nagib Machfus erschienen sind, ein intimer Kenner der arabischen Literaturen und Gesellschaften.

Die Woche endet, wie sie beginnt: Die Literaturwerkstatt (nicht mehr in Pankow, sondern in der Kulturbrauerei) richtet zwei Arabische Nächte aus. In der ersten erklingen Vertonungen von deutscher, ins Arabische übersetzter Lyrik (17.3., 20 Uhr). In der zweiten (18.3., 20 Uhr) begleiten zwei der Musiker drei Poeten, unter ihnen Adonis, der wohl bedeutendste Dichter der arabischen Welt, dessen Vortrag auch (und gerade) für jene, die des Arabischen nicht mächtig sind, eine unvergessliche Erfahrung ist.

Ebenso eindrücklich, wenn auch von ganz anderer Art dürfte der Abend mit Edith Schlaffer und Cheryl Benard ausfallen. Sie berichten über die wenig bekannte afghanische Frauenorganisation RAWA. Einige ihrer Mitglieder nutzten die von den Taliban vorgeschriebene Burkha, um mit einer darunter verborgenen Kamera den alltäglichen Terror zu filmen. Er traf vor allem die Frauen: Sie durften nicht außer Haus arbeiten, sich nicht bilden und die Straße nicht allein betreten ( Goethe Institut, 18.3., 19 Uhr).

Einige weitere Terminzufälle bestärken den christlichen Mystiker in mir. Warum liest der Ungar László Darvasi am 15.5. aus seiner wunderbaren "Legende von den Tränengauklern" ( Literaturhaus 20 Uhr), die von den Kämpfen der Christen, Moslems und Machtgläubigen im Ungarn des 16. und 17. Jahrhunderts erzählt? Darvasi entwirft darin ein hochaktuelles Panoptikum erlesener Todesarten und läßt den Gepeinigten fünf Tränengaukler beistehen. Sie beweinen die Leiden mit Tränen aus Blut, Eis, Honig, Steinen und Spiegelscherben und verleihen bisweilen rettende Unsichtbarkeit. Die Tränengaukler führen weder Krieg noch Dialog. Sie sind eine multiethnische Eingreiftruppe der Hoffnung.

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