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Was machen wir heute?: Traktor fahren

Wie ein Neuberlinerdie Stadt erleben kann

Freunde aus Basel waren zu Besuch. In meinen Chaos entdeckten sie eine „Weltwoche“. Ein Heftli aus der Schweiz, das sie sonst aus Prinzip nicht lesen. Im Leitartikel ging es um Kinderbetreuung. „ABB: Darf die Firmenchefin in der Krise schwanger werden? – Nein.“ Sechzehn Wochen Mutterschaftsurlaub zu nehmen, sei bei Führungskräften in Krisenzeiten ein Skandal, schreibt der Chefredaktor. Denn: „Am Ende ist Wirtschaft wie Krieg: Armeen brauchen gute Generäle, die vor allem im Ernstfall verfügbar bleiben müssen.“

Ich persönlich war ja noch nie im Krieg und kann solche Dinge nicht umfassend beurteilen. Bei manchen „Generälen“ aus der Wirtschaftswelt war ich in letzter Zeit aber sehr froh, dass sie nicht länger „verfügbar blieben“. Alles andere wäre ein Skandal gewesen.

Was ich aus erster Hand weiß: Man kann auch ohne in Mutterschaftsurlaub zu gehen im Job nichts auf die Reihe kriegen. Für den Rest des Tages war jedenfalls nicht mehr an Arbeit zu denken. Denn meine Basler Freunde regten sich über den Heftli-Leitartikel auf. Stunden später hatten sie noch Diskussionsbedarf über Ursula von der Leyen, Eva Hermann und die Emanzipation im Allgemeinen. Wir einigten uns darauf, dass unsere Eltern in den 70er Jahren schon recht hatten: Man soll die Kinderbetreuung gerecht aufteilen. Zumindest theoretisch.

Sie kann ja manchmal erstaunlich easy sein. Man muss nur in die Uckermark hinausfahren. Anatol, der kleine Sohn eines Berliner Freundes, ist zum Beispiel ein großer Trecker-Fan. Sobald man ihn auf einen Traktor setzt, strahlt er übers ganze Gesicht, dreht versonnen am Lenkrad, und lässt voller Begeisterung die Lippen flattern: „Brrrrrm!“ Stundenlang. Unterdessen könnte man seine Karriere planen – doch der Anblick ist so süß, dass man sich nicht losreißen kann und lieber in der Fantasie mit Anatol mitreist, in seinem magischen Trecker. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie gut Krieg sein kann. Aber Traktor fahren wird schon besser sein. Till Hein

Traktorführerschein in Gottdorf bei Luckenwalde: tel. 033732-40002.

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