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Kultur: Wein und Schwein

Multikulti allzu light: Ruba Naddas „Sabah“

Auf den ersten Blick könnte „Sabah“ eine wunderbare romantische Komödie sein: Die 40-jährige Sabah und der etwa gleich alte Stephen lernen sich in einem Schwimmbad kennen, verlieben sich ein bisschen und bald etwas mehr. Es gibt Schwierigkeiten, weil Sabah bei ihrer großen, skurrilen, übergriffigen Familie lebt und Stephen eine gescheiterte Beziehung hinter sich hat. Das Ganze spielt im Hochsommer in einem liebenswürdig-beschaulichen Toronto. Versteht sich, dass Sabah und Stephen trotz aller Hindernisse schließlich zusammenfinden.

Aber die Kanadierin Ruba Nadda, Regisseurin und Drehbuchautorin sowie „Kind einer arabischen Familie“, wie der Verleih mitteilt, wollte auch Autobiografisches verarbeiten. Autobiografie und Genre passen aber nun einmal nicht zusammen, und so läuft der Film seinem eigenen Anspruch hinterher. Heldin Sabah ist also ebenfalls Araberin – beiläufig wird erwähnt, dass sie aus Syrien stammt – und gläubige Muslimin.

Sabah steht mit bedecktem Haar und langärmeliger Bluse an einer Bushaltestelle und mustert kritisch eine Frau in Trägerhemd und Minirock: Mit dieser Anfangsszene ist, mit festem Sinn fürs Klischee, der Grundkonflikt des Films markiert. Sabahs familiäre Traditionen und Glaubensregeln erweisen sich als hinderlich bei der Entwicklung der Liebesbeziehung, also müssen sie weg. Peu à peu rutscht Sabahs Kopftuch nach hinten, zeigt sie Dekolleté und Bein, probiert sie Wein und Schwein. Die Haltung, die der Film ihr gegenüber einnimmt und auch seinem Publikum nahelegt, ist gönnerhaft-amüsiert: Spät dran, das Mädchen, aber immerhin kriegt sie die Kurve. Und eigentlich ist sie ganz attraktiv.

Nichts dagegen, dass Sabah Neues ausprobiert, dafür ist die Liebe da. Auch, dass sie, vielleicht zum ersten Mal, selbst am Sinn ihrer Glaubensregeln zweifelt, leuchtet ein. Nur bleibt die Annäherung einseitig. Stephen lernt nichts, da er offenbar schon alles weiß. Und wenn Sabah, die religiöse Muslima, sich nicht ändert, dann gibt es eben keine Beziehung. Punkt. Dass Stephen in seinem autoritär-patriarchalischen Gehabe Sabahs Bruder in nichts nachsteht, zeigt sich allerdings, als er ihr das Handy weggrabscht, bloß weil das Klingeln ihn stört.

Gelacht wird in „Sabah“ durchaus – allerdings nur auf Kosten der rückständigen Muslime-Orientalen-Araber. Alles exotisch und komisch: Bauchtanz, Wasserpfeife, dicke Teppiche, süßes Gebäck. Arg stimmig passt dieses Dekor arabischen Exils zur Orient-Lounge-Mode im Westen. Mehr Tiefgang wollte Ruba Nadda ihrem Publikum offenbar nicht zumuten. Schade eigentlich.

Babylon Kreuzberg (OmU), Filmkunst 66, FT Friedrichshain, Passage

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