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Berlinische Galerie: Wenn Museen auf Brautschau gehen

Jörn Merkert verlässt die Berlinische Galerie. Er vermittelt den Eindruck, dass er geht, wenn’s am schönsten ist. Der Kulturausschuss erfuhr davon allerdings erst in seiner letzten Sitzung.

Für sich hat Jörn Merkert den besten Zeitpunkt gewählt, um die Berlinische Galerie zu verlassen. Nach 23 Jahren als Direktor des Landesmuseums für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, so der vollständige Name, geht er im September, ein Jahr vor der Altersgrenze, in Pension – der früheste Zeitpunkt zur Beibehaltung aller Rentenbezüge, wie er gern betont. Für Irritation sorgte allerdings, dass der Kulturausschuss erst in seiner letzten Sitzung davon erfuhr.

Das sah nach frustriertem Abgang aus, als würde der Chef die Brocken hinwerfen, nachdem die wichtigste Ausstellung, „Schwitters in Berlin“ in diesem Frühjahr, wegen nicht bewilligter Gelder kurzfristig abgesagt werden musste. Doch keine Spur von Frust. Bei der gestrigen Jahrespressekonferenz der Berlinischen Galerie vermittelte Merkert eher den Eindruck, dass er geht, wenn’s am schönsten ist: 2009 erlebte das Museum mit 111 543 Besuchern einen Rekord, vierzig Prozent mehr als im Jahr zuvor. Seine Nachfolge wird derweil geregelt, Ende März soll schon die Ernennung sein.

Dass Merkert die Berlinische Galerie in keine leichte Zukunft entlässt, wurde gestern ebenfalls deutlich. Die Ausstellungszahl ist reduziert, für eigene Projekte fehlt es an Geld. Das Museum muss deshalb auf Partnersuche gehen. Entsprechend ist das Programm 2010 von Kooperationen geprägt. Die Übernahme der „Kunst im Bau“-Sammlung der GASAG, die das Shell-Haus verlässt und ihre Werke nicht an den Hackeschen Markt mitnehmen will, erweist sich als Glücksfall. Viele Arbeiten korrespondieren mit dem Bestand der Berlinischen Galerie, wie sich in der „Transfer“-Ausstellung erweisen wird (ab 5. 3.). Julian Rosefeldts Video-Installation kommt mit dem Vattenfall-Preis ins Haus (ab 1. 5.). Die Ausstellung der Fotografin Marianne Breslauer stammt von der Schweizer Fotostiftung in Winterthur. Parallel dazu präsentiert die Grafische Abteilung aus eigenem Bestand Werke des Pressezeichners Karl Arnold, der ebenfalls in den Zwanzigern und Dreißigern in Berlin wirkte (ab 11. 6.).

Nach seiner Abschiedsausstellung befragt, erklärte Merkert, dass er schlicht auf die Präsentation der Sammlung verweisen werde. Angesichts der knappen Kassen müsse dies als Geste reichen. Eitel sei er nicht. Sein größter Erfolg bleibt ohnehin auch nach seinem Weggang bestehen: das Haus der Berlinischen Galerie selbst, das einstige Glaslager in der Alten Jakobstraße in Kreuzberg, wohin er die Sammlung 2004 nach sieben Jahren aus der Versenkung rettete. Ansonsten gäbe es erst gar nichts zu sehen. NK

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