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Durchblick. Paula Galinelli Hertzog in "El premio"

© Berlinale

Wettbewerb: Bleigrau bleibt bleigrau

Still: Der Wettbewerbsfilm „El premio“ von Paula Markovitch erinnert an die argentinische Militärdiktatur.

Dissonante Klavierakkorde, später noch dissonantere zitternde Zitherlaute. Nebel überm Meer. Am Strand schleppt sich, sehr allein und sehr langsam, ein kleines Mädchen auf Rollschuhen voran. Dann, im Betonschuppen, in dem winters die Liegestühle lagern und Mutter und Kind ein vorübergehendes Zuhause gefunden haben: „Mama, ich kann im Sand nicht Rollschuh fahren!“

So heben kleine Kunstfilme an, die für Festivals gedacht sind, und wenn sie einen seriösen politisch-historischen Hintergrund haben, kommen sie zuverlässig für die Berlinale infrage. Die siebenjährige Cecilia (Paula Galinelli Hertzog) hat mit ihrer Mutter während der argentinischen Militärdiktatur Zuflucht gefunden in dieser Einöde am Meer, und da die Eltern Dissidenten sind, lebt Cecilia mit einer Tarnungslüge: Der Vater, soll sie in der Schule sagen, verkauft Vorhänge in Buenos Aires, die Mutter sei Haushälterin. Eine viel größere Lüge aber bedeutet es, in einem Aufsatz das Militär zu loben. Was passiert, wenn das Kind die Wahrheit schreibt?

Als dieser dramatische Konflikt anhebt in der autobiografischen Erinnerungsarbeit der in Argentinien geborenen und in Mexiko lebenden Paula Markovitch, ist bereits eine lange Stunde des Films vorüber. Der Himmel bleibt bleigrau, aber mit einer Freundin tollt Cecilia herum, ein hübscher Junge taucht auf, und ein lustig streunender Hund ist auch immer wieder mit von der Partie. Die Mutter schweigt derweil und räumt umständlich im Schuppen herum, die Lehrerin versucht’s mit Strenge und hat dann doch ein großes Herz, und die Tage reihen sich in 115 Minuten Langsamkeit aneinander.

Manchmal vermittelt das eine Ahnung von der Unendlichkeit der Kindheit, in die Erfahrung spielerisch einsickert, bis sie zu stechen beginnt, unabweisbar wie ein Schmerz. Meist aber beschwört „El premio“ bleierne Langeweile herauf – und die Vermutung, dass ein Film, der „Der Preis“ heißt, nicht gleich Preise gewinnen muss. Jan Schulz-Ojala

Heute 15 und 20.30 Uhr (Friedrichstadtpalast) sowie 22.30 Uhr (Urania); 20. 2., 12 Uhr (Berlinale-Palast)

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