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Goldener Bär

© dpa

Wettbewerb: One and Only

Bären-Parade: Die Jury steht vor einer schwierigen Wahl.

„Rage“! Der Tipp des Kollegen auf die Frage, wer den Goldenen Bären dieser grauen Berlinale gewinnt, kommt spontan. Doch Vorsicht, der Mann ist auf dem Festival mit elegantem Kolumnistenflorett unterwegs; insofern dürfte seine Vermutung eher humoristisch zu verstehen sein. Und auch das noch: „Bei solchen Tipps liege ich immer schief.“

Tja, das präfinale Rätselraten ist groß wie selten zuvor auf einer Berlinale. Nicht nur, weil sich kein Film im schmalen Aspirantenfeld als Favorit empfiehlt, weshalb selbst ein radikal ödes Werk wie Sally Potters „Rage“ heute Abend ganz oben stehen könnte. Sondern auch wegen der Jury: Um die eigenwillige Präsidentin Tilda Swinton scharen sich der berechenbar unberechenbare Christoph Schlingensief, flankiert vom verdienten Kriminalschriftsteller Henning Mankell und der kalifornischen Kochkünstlerin Alice Waters. Da dürften die Regisseure Isabel Coixet, Gaston Kaboré und Wayne Wang nicht ganz leicht an ihrer Aufgabe einer gewissen cineastischen Erdung des Ergebnisses zu tragen haben.

Ein Konsens aber muss kommen für den Goldenen und die Silbernen Bären. Als klassische Konsensfilme böten sich an: die politbedingte Gutmenschentragödie „London River“ oder der politbedingte Gutmenschenproblemfilm „The Messenger“, ersatzweise der sprödere „About Elly“, immerhin aus dem Filmjurylieblingsland Iran. Überraschungen wären der herausragend beunruhigende „Alle Anderen“ oder, als Aufreger, „Katalin Varga“. Trost für all diese Titel: Wer bei den Top-Bären leer ausgeht, darf in den Kategorien Regie und Drehbuch auf Preisglück hoffen.

Bei den Aktricen herrscht Bewerbungsüberschuss: Wie nur gerecht zwischen Birgit Minichmayr („Alle Anderen“), Kerry Fox („Storm“), Brenda Blethyn („London River“) oder auch Krystyna Janda („Tatarak“) wählen? Bei den Herren dagegen machen vielleicht Ben Foster und Woody Harrelson, das „Messenger“-Duo, die Sache ganz unter sich aus.

Zur Wahl der „herausragenden künstlerischen Leistung“ bietet sich eine Kostümarbeit an, immerhin eine Spezialität dieses Jahrgangs: „Chéri“ etwa oder „My One and Only“, „Forever Enthralled“ oder auch „Happy Tears“, in dem ein Paar superteurer Damenstiefel eine bedeutende Rolle spielt. Der Alfred -Bauer Preis schließlich, der „neue Perspektiven der Filmkunst“ eröffnet, gebührt fraglos „Ricky“: Wann hat man im Kino schon ein strammes 15-Pfünder-Baby mit Chicken Wings durch einen Supermarkt flattern sehen? Jan Schulz-Ojala

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