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Kultur: Wetten, dass ich singen kann?

CHANSON

Während die Franzosen sich neuerdings von dem zuweilen steinernen Pathos des klassischen Chansons zu lösen versuchen, wählt der Belgier Filip Jordens die klassische Variante. Ohne jedes Ansinnen von Fortentwicklung oder Subversion begibt er sich auf die Bühne der Bar jeder Vernunft (weitere Aufführungen bis 14.3. jeweils Di–Do 20.30 Uhr, Fr–So 20 Uhr) und in eine Chanson-Welt der 50er und 60er Jahre. Hommage à Brel heißt sein Programm. Es setzt ganz auf das Zeitlose großer Gefühle, die sich in den Chansons Jacques Brels ausdrücken – und auf Jordens stupende Ähnlichkeit mit seinem belgischen Landsmann. Weit abstehende Ohren, ein schmales kantiges Gesicht, ein markanter Mund: Vom Scheitel bis zur Sohle ist Jordens Brels Wiedergänger. Reicht das? Filip Jordens bringt die athletische Version von Brel. Immer wieder wirbelt er den Zeigefinger in die Höhe, immer wieder verzieht er den Mund zu einem diabolischen Grinsen, breitet die Arme weit aus und lässt seine Finger vibrieren. Immer weniger ergibt sich zwischen Text, Stimme und Gestik jedoch ein harmonisches Bild. Die energischen Körperbewegungen wirken bald nervös und beliebig. Zwischen den Gefühlslagen fehlen die Modulationen. Nur beim Brel-Klassiker „Ne me quitte pas“ gönnt sich Jordens einen Moment Besinnung und brüchige Melancholie. Sekunden später tobt und stampft er schon wieder. Doch die Wucht ausladender Gesten geht ins Leere.

Thomas Thiel

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