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Winslow-Roman "Satori": Eisklirren der Supermächte

Don Winslow erzählt aus dem Kalten Krieg

Don Winslow hat schön raue Krimis über die Surferszene der amerikanischen Westküste geschrieben und brutale Geschichten über Drogenschmuggler. Und meist ist da etwas mehr als ein gut gebauter, schneller Plot: Winslow beschreibt amerikanische Lebensstile von Surfern wie von Kriminellen so, als hätte er sie ausprobiert. Selten lässt so ein Erfolgsautor Genregrenzen einfach hinter sich. Don Winslow hat es mit dem Roman „Satori“ getan.

„Satori“ spielt im Asien der frühen 50er Jahre und handelt vom Beginn der Agentenkarriere eines berühmten Mannes. Der trägt den Namen Nikolai Hel. Erfunden hat ihn der Schriftsteller Trevanian, der mit dem Agenten-Roman „Shibumi“ aus der Zeit des Kalten Kriegs bekannt geworden ist.

Zwei Autoren – eine heldenhafte Hauptfigur: Das ist riskant. Winslows Vor-Geschichte zu Trevanians bekanntem Roman macht indes großen Lesespaß. Er beschreibt den jungen Nikolai Hel als eine Art Grenzgänger der Kulturen, schon von Herkunft her: Er ist Sohn einer russischen Mutter und eines asiatischen Vaters, geprägt von der Kultur und der Kampfkunst der Samurai – und dem Untergang Japans am Ende des Zweiten Weltkriegs. Jetzt soll er, darum geht es in „Satori“, eine politische Intrige beginnen, indem er einen Mord begeht: am wichtigsten Statthalter der Sowjetunion im kommunistischen China. Es ist das eisklirrende Klima des Kalten Kriegs der Supermächte, das „Satori“ prägt.

Man muss einen Sinn für die Eiseskälte des Agentendaseins in dieser Zeit haben, um sich von diesem Roman mitreißen zu lassen. Moral? Keiner der Agentenführer, Geheimdienstler und Einzelkämpfer von der Art Nikolai Hels hat Interesse an moralischen Überlegungen über das, was er tut. Dass Nikolai Hel, sein amerikanischer Anstifter und seine aus Frankreich stammende Geliebte immerhin über eine eindrucksvolle Kampfmoral verfügen, versteht sich.

Dass Winslow mit viel Gefühl für gut komponierte Action seine Helden von Peking bis in kolonialistische Saigon hetzt, macht „Satori“ zu einem Hochgeschwindigkeits-Politthriller aus der Zeit der kalten, brutalen Machtkämpfe – originell und speziell auch deshalb, weil Hel lieber als die Schusswaffe tödliche Karatetechniken benutzt. Werner van Bebber

Don Winslow:

Satori. Roman. Aus dem Amerikanischen von Conny Lösch. Heyne Verlag,

München 2011.

591 Seiten, 12,99 €.

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