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Kultur: Wir pfeifen auf den Gurkenkönig - Junge Künstler reflektieren die eigene Tradition

Jetzt sind sie also eröffnet, die sorbischen Kulturtage in Berlin. Und sie sind nötig, denn bis heute erschöpft sich das Wissen über Kunst und Kultur der Sorben in der Assoziation von bunten Ostereiern oder einer Spreewälderin, die einen Kahn voller Touristen auf einem Flussarm entlang stakt.

Jetzt sind sie also eröffnet, die sorbischen Kulturtage in Berlin. Und sie sind nötig, denn bis heute erschöpft sich das Wissen über Kunst und Kultur der Sorben in der Assoziation von bunten Ostereiern oder einer Spreewälderin, die einen Kahn voller Touristen auf einem Flussarm entlang stakt. Seit 1991 werden der Minderheit in der Lausitz jährlich aus Bund- und Ländermitteln rund 30 Millionen Mark zur "Unterstützung von Kultur und Brauchtum" zur Verfügung gestellt. Will man sich damit nicht nur Folklore leisten, stellt sich die Frage, was zeitgenössische, sorbische Kunst unter diesem Label sein kann und will.

Eine Gruppenausstellung von sechs sorbischen Künstlern, will nun aufräumen mit einer vom Kommerz und vom Tourismus ausgehöhlten Volkskunst. "Ich mag die stigmatisierenden Begriffe von Folklore und Minderheit nicht", sagt die beteiligte Künstlerin Merka Meskankec. Das Anders-Sein habe sie bereits in ihrer zweisprachigen Kindheit als etwas Normales kennengelernt. Woran sie sich eigentlich stößt, ist die Verstörung, die ihre multimedialen Installationen im eigenen Kulturkreis auslösen. "Als in Berlin lebende Künstlerin ist man natürlich offen für moderne und postmoderne Einflüsse wie die der Videoinstallation", erklärt sie und plädiert für eine pragmatische Offenheit in der sorbischen Provinz. "Folklore ist das reine Interesse an der äußeren Form", stellt Alfred Krautz fest, einer von weltweit drei sorbischen Kunsthistorikern. Seine Kritik an Folkloreproduzenten wie -konsumenten ist umso treffender in einer Zeit der global cities, der uniformierten Geschmackskonsens-Metropolen und dem Erfolg der folkloristischen world music - zwei Faktoren, die Volkskunst und Regionalismen jüngst zum Boom verhalfen. In diesem Trend liegen auch die hier gezeigten Arbeiten. Sie wollen neue Assoziationsketten beim Betrachter anregen - und damit umdeuten, was bisher als sorbisch galt. Diesem Ziel kann auch die symptomatische, weil stereotype, einzige Werbung im Ausstellungskatalog nichts anhaben. Sie wirbt für knackig-grüne Spreewälder Gewürzgurken.Mehr zum Thema im Internet

www.sorben.de

Die Ausstellung wird heute um 18 Uhr im Bulgarischen Kulturinstitut in Mitte eröffnet. Sie dauert bis 30. Mai

Stefanie Grupp

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