zum Hauptinhalt
Kazushi Ono

© Rikimaru Hotta

Das Tokio Metropolitan Symphony Orchestra in Berlin: Yenseits von Eden

33 Berufsorchester gibt es mittlerweile in Japan. Jetzt präsentierte sich das Tokio Metropolitan Symphony Orchestra in der Philharmonie.

Japan – lange war das ein Lieblingsreiseziel westlicher Klassikkünstler. Nicht allein des guten Geldes wegen, das es auf der Insel zu verdienen gab, auch die Mucksmäuschenstille, mit der das Publikum den Aufführungen folgte, beeindruckte die Gäste aus Europa und den USA. Seit Japan sich in wirtschaftlich schwerem Fahrwasser bewegt, sind Gastspieleinladungen seltener geworden. Gleichzeitig hat sich im Land selber eine professionelle Szene zur Pflege von Beethoven und Co. herausgebildet: 33 Berufsorchester gibt es heute in Japan, allein zehn davon sind im Großraum Tokio aktiv. Auf Importe aus Übersee ist man also nicht mehr zwingend angewiesen.

Stattdessen präsentiert sich das Tokio Metropolitan Symphony Orchestra derzeit in all den Orten, aus denen sonst die Traditionsensembles gen Nippon aufbrachen. Neben Amsterdam, Stockholm, Luxemburg, Essen und Wien durfte da natürlich auch ein Auftritt in der Berliner Philharmonie nicht fehlen.

Mit dem 1960 in Tokio geborenen Kazushi Ono hat die Formation seit April einen music director, der seinen ersten Chefposten 2002 beim Badischen Staatstheater Karlsruhe antreten konnte, der die Brüsseler Oper geleitet hat, seit 2008 an der Opéra de Lyon wirkt – und das Engagement in seiner Heimat auch als patriotischen Akt ansieht. Die Entscheidung allerdings, nach nur sechs gemeinsamen Monaten auf Tournee zu gehen, erweist sich am Donnerstag dann doch als übereilt. Kazushi Ono hat noch viel, sehr viel Arbeit vor sich mit diesem Ensemble. Und zwar auf jedem Gebiet.

Verwaschen und matt ist der Klang bei Prokofjews 2. Violinkonzert, es fehlt an melodischer Kontur, alles wirkt schwerfällig, ohne Biss. Weil das Orchester ihn nicht trägt, kann aber auch der Solist nicht glänzen, bleibt Vadim Repins Spiel frei von Atmosphäre und Charisma.

Kaum mehr als ein paar ohrenbetäubende Knalleffekte haben die Gäste aus Tokio in Tschaikowskys 4. Sinfonie zu bieten: Zu oft stimmt die Balance zwischen der Stimmgruppen nicht, hinzu kommen spieltechnische Unzulänglichkeiten bei den Bläsern. Da werden Noten exekutiert – über die Leidenschaften, die hier wirken, über die inneren Antriebskräfte der Musik ist nichts zu erfahren.

Hochgradig erwartbar war zuvor das zeitgenössische Stück des Abends ausgefallen, das Toshio Hosokawa im Auftrag des Orchesters und zum Gedenken an den Tsunami komponiert hat: Ein an- und abschwellendes Rausch-und-Rüttel-Klangpanorama mündet dabei in ein Hesse-Gedicht, das zwei Sängerinnen in höchsten Registern skandieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false