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Kultur: Young Euro Classic: Nach dem Wirbel ist vor dem Wirbel: Das Danubia National Youth Orchestra tanzt im Konzerthaus

Die Hoffnung auf ein brandneues Stück aus der landeseigenen Musikproduktion musste man auch bei dem Young-Euro-Classic-Abend der jungen Ungarn begraben. Auch das Danubia National Youth Orchestra, das ursprünglich ein Stück des hierzulande unbekannten Levente Gyöngyösi zur Berliner Erstaufführung bringen wollte, scheut offenbar das Programm-Risiko.

Die Hoffnung auf ein brandneues Stück aus der landeseigenen Musikproduktion musste man auch bei dem Young-Euro-Classic-Abend der jungen Ungarn begraben. Auch das Danubia National Youth Orchestra, das ursprünglich ein Stück des hierzulande unbekannten Levente Gyöngyösi zur Berliner Erstaufführung bringen wollte, scheut offenbar das Programm-Risiko. Lieber geht es auf Nummer Sicher und läutet sein Gastspiel im Berliner Konzerthaus mit einem unverwüstlichen Paradestück von Zoltán Kodály ein.

Mit den "Tänzen aus Galánta" (1933) treffen sie dann auch sofort ins Schwarze. Die rhythmisch elastische Virtuosität, die funkelnde Farbfreudigkeit, überhaupt die ganze Spontaneität ihres launigen Musizierens lassen dann immerhin von der spielerischen Seite Freude aufkommen. Der bis in die Fingerspitzen energiesprühende und elegante Domonkos Héja, mit nur 27 Jahren eine erstaunliche Dirigierbegabung, fördert den reizvollen rhapsodischen Gestus dieser "Zigeuner"-Tänze famos zu Tage: den mal einschmeichelnden, mal dunkelglühenden ungarischen Sound.

Die dynamischen wie agogischen Überraschungsmomente seitens des erstaunlich homogenen Orchesters machen Eindruck. Das angeborene Gespür für vibrierende Rhythmik, das den ausgezeichneten Nachwuchsmusikern aus Ungarn im Blut steckt, der Zug zu tänzerischer Turbulenz, aber auch zu einer geradezu szenischen Plastizizät kommen dann auch zum Schluss bei Schostakowitschs Neunter Sinfonie ausgiebig zum Tragen. Dieser ersten Sinfonie, die Schostakowitsch unmittelbar nach Kriegsende im Jahr 1945 komponierte und die damals zum Entsetzen der Moskauer Funktionäre keinem monumentalen Heldenepos glich, sondern einem doppelbödigen, parodistischen Scherzo, fehlt es nicht an ironischer Zuspitzung. Und das Finale kulminiert in prasselnder buffonesker Bravour. Von den vielen flexiblen Orchester-Solisten erntet nicht zuletzt der Fagottist für seine fesselnd deklamierten Rezitative stürmischen Applaus.

Zwischen Kodály und Schostakowitsch erklingt gehobene Unterhaltungs-Musik von gestern: das klassizistisch glatt und gehaltlos dahinperlende "Concertino für Klavier und Orchester" aus dem Jahr 1923 von Leó Weiner. Da steckt nicht einmal eine Prise edelsüßer Paprika drin. Nicht vorzustellen, welche Spuren der hochsensible junge Pianist Balázs Reti mit einem Klavierkonzert von Bartók oder Ligeti hinterlassen hätte. Etwas mehr Wagemut wünscht man sich schon von solch jungen Musikanten der Extraklasse. Guido Westerwelle hatte sie herzlich begrüßt und Ungarn für seinen entschiedenen Beitrag für die deutsche Einheit gedankt.

Eckart Schwinger

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