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Cornell Borchers mit Montgomery Clift in "The Big Lift" (1950)

© Imago/United-Archives

Zum Tod von Cornell Borchers: Die Nachkriegsdiva

Cornell Borchers stieg mit Filmen wie "The Big Lift" in den fünfziger Jahren als Fräuleinwunder zum Star des deutschen Kinos auf. Jetzt ist die Schauspielerin mit 89 Jahren gestorben.

In einer Schlüsselszene des Films „Never Say Goodbye“ versucht Cornell Borchers im Nachkriegs-Wien aus dem sowjetischen Sektor der damals geteilten Stadt zu fliehen. Sie stolpert bei Nacht und Nebel durch Ruinen und versteckt sich in Treppenhäusern. Im letzten Moment, als sie die Grenze beinahe erreicht hat, wird sie von Rotarmisten aufgehalten. Anschließend verschwindet sie für Jahre in einem Lager. Das Melodram aus dem Jahr 1956, das in Deutschland unter dem Titel „Nur du allein“ lief, gehört zu den Höhepunkten in der kurzen Kinokarriere der Schauspielerin. An der Seite von Rock Hudson spielt sie eine Musikerin, die sich mit dem in den fünfziger Jahren üblichen Schicksal, nach der Hochzeit nur noch Ehefrau und Mutter sein zu dürfen, nicht abfinden will. Auf dem Höhepunkt ihrer Wut gibt sie ihrem von Rock Hudson dargestellten, höchst eifersüchtigen Mann sogar eine Ohrfeige. Cornell Borchers, die 1925 im heutigen Litauen geboren wurde und in Hannover aufwuchs, hatte zwei Semester lang Medizin in Göttingen studiert, bevor sie auf eine Schauspielschule wechselte. Der Regisseur Arthur Maria Rabenalt entdeckte sie 1948 fürs Kino. In seinem neorealistischen Halbwelt-Film „Martina“ spielte sie eine Ärztin, deren jüngere Schwester an einen Zuhälter gerät. Der Film zeigte Berlin als Ruinenstadt, die auch moralisch verkommen ist. Der Schwarzhandel blüht, und Jugendliche, die ohne ihre im Krieg umgekommenen Eltern groß geworden sind, suchen ihr Heil in der Prostitution oder der Kriminalität. Borchers verkörperte das Gegenbild zu diesen Jugendlichen und ihrer von Jeanette Schultze dargestellten Schwester. Ihre Rolle der patenten Ärztin legte Borchers auf den Typ der „blond-braven, studierten, leicht frigiden Frauen“ fest, wie der „Spiegel“ urteilte. Sie selber sagte: "Ich bin eben keine erotische Schauspielerin." Das trug ihr eine Zeit lang den Spitznamen "Eisente" ein.

Zu Unrecht, denn Borchers konnte durchaus, wie sie in einigen Liebesfilmen bewiesen hat, höchst sinnlich und verführerisch sein. Den Durchbruch schaffte sie 1950 als weibliche Heldin des Films „The Big Lift“ (deutscher Titel: „Es begann mit einem Kuss“), der die Berliner Luftbrücke glorifiziert. Den Part eines deutschen Fräuleins, das zur Geliebten eines von Montgomery Clift gespielten US-Piloten wird, hatte sie Hildegard Knef weggeschnappt. Als Friederike Burckhardt - so ihr Rollenname - steht Borchers für eine junge Generation von Deutschen, die für die Verbrechen des "Dritten Reichs" nicht verantwortlich zu machen sind. So wird der Film zu einer Werbeaktion für die deutsch-amerikanische Freundschaft.

Anschließend bekam Cornell Borchers einen Fünfjahresvertrag bei der 20th Century Fox, doch alle Hollywood-Pläne zerschlugen sich vorerst. Die Schauspielerin kehrte nach Europa zurück und gab im Heimatfilm „Rot ist die Liebe“ die Geliebte des Heidedichters Hermann Löns, der von Dieter Borsche verkörpert wurde. Im Film ist Löns hin- und hergerissen zwischen seiner Ehefrau und der Geliebten. Als er mit der Geliebten ein neues Leben beginnen will, zerstört die Mobilmachung - wie befinden uns im Sommer 1914 - alle privaten Vorhaben. Nachdem sie für den englischen Film „Das geteilte Herz“ mit einem British Film Academy Award ausgezeichnet worden war, kamen auch wieder Angebote aus Amerika. Sie war in dem Abenteuerfilm „Istanbul“ mit Errol Flynn und Nat King Cole, im Thriller „Flood Tide“ mit George Nader zu sehen. 1959 beendete Borchers nach 21 Filmen ihre Schauspielkarriere, um sich um ihre Kinder zu kümmern, und zog sich an den Starnberger See zurück. Am letzten Montag ist sie, wie ihre Familie bekannt gab, gestorben. Sie wurde 89 Jahre alt.

Cornell Borchers mit Dieter Borsche in "Rot ist die Liebe" (1956).
Cornell Borchers mit Dieter Borsche in "Rot ist die Liebe" (1956).

© Imago/United-Archives

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