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Der Organist und Chorleiter Herbert Hildebrandt, hier 2001 anlässlich einer Reportage über den Mauerbau.

© Torsten Leukert/ picture-alliance / dpa/ dpaweb

Update

Zum Tod von Herbert Hildebrandt: Er gründete die Berliner Domkantorei

An Heiligabend starb der langjährige Leiter der Berliner Domkantorei mit 84 Jahren. 1961 hatte Hildebrandt die Domkantorei selber gegründet. Ein Nachruf.

Zwanzig Jahre lang leitete er hauptamtlich die Berliner Domkantorei, die er selbst gegründet hatte, er stand ihr 1983 bis 2003 vor: Der Kirchenmusiker und Kantor Herbert Hildebrandt, dessen Berufsleben vom Mauerbau geprägt war, verkörperte ein Stück Berliner Kulturgeschichte.

Seine Anfänge hatte der 1974 zum Kirchenmusikdirektor ernannte Organist und Kantor in der Versöhnungskirche gemacht. Die Kirche stand direkt auf der Sektorengrenze an der Bernauer Straße, wurde mit dem Mauerbau unzugänglich und 1984 endgültig von den DDR-Grenztruppen gesprengt.

Gleichzeitig hatte der Berliner Dom seinen Chor verloren, denn der Staats- und Domchor residierte im Westteil der Stadt. Hildebrandt hatte die rettende Idee und formte bereits 1961 die neue Berliner Domkantorei aus den in Ost-Berlin lebenden Sängerinnen und Sängern der Versöhnungsgemeinde sowie aus anderen durch die Teilung „heimatlos“ gewordenen Choristen. Übrigens gemeinsam mit seinem Bruder Jörg und dessen ebenfalls an der Bernauer Straße aufgewachsener Frau Regine Hildebrandt, die sich später als brandenburgische Sozialministerin und „Mutter Courage des Ostens“ einen Namen machte.

Herbert Hildebrandt arbeitete damals als Kantor an der St.-Bartholomäus-Kirche, denn der Dom war eine Ruine. Geprobt und gesungen wurde in anderen Kirchen. Ab 1883 fungierte er dann hauptamtlich als Leiter der Domkantorei. Wie viele Kirchenchöre in der atheistischen DDR durfte das Ensemble bis 1989 kaum werben und bei Konzerten auch keinen Eintritt nehmen.

Herbert Hildebrandt hat auch die Notenbibliothek des Doms gepflegt, mit 10.000 Werken

Eine geistige Heimat wurde der Chor zu DDR-Zeiten gleichwohl; nach dem Mauerfall trat er im Frühjahr 1990 in einem Gottesdienst für die Volkskammerwahl in der Gethsemanekirche auf. Heute hat die Domkantorei rund 160 ehrenamtliche Mitglieder und gehört mit rund 30 Auftritten pro Jahr zu den bekanntesten Chören der Stadt. Seit 2003 wird sie von Tobias Brommann geleitet.

Hildebrandt, 1935 im ostpreußischen Adlig geboren, hatte in den fünfziger Jahren Kirchenmusik in Halle an der Saale studiert und widmete sich neben den traditionellen Oratorien- und Kantatenwerken insbesondere der Pflege gottesdienstlicher A-cappella-Musik.

Für die Domkantorei komponierte er selbst Chorsätze, bearbeitete Weihnachtslieder, gab Werke alter Meister heraus und kümmerte sich um die Notenbibliothek des Doms, die 10.000 Werke umfasst. An Heiligabend ist Herbert Hildebrandt gestorben, wie seine Familie nun mitteilte. Er wurde 84 Jahre alt. (chp/epd)

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